Am Standort Thalfang geht die Angst um

THALFANG. Rund 100 Menschen protestierten am Rande der jährlichen Tagung des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau in Thalfang gegen die geplante Schließung des Fleischwerks der Hochwald-Nahrungsmittel-Werke. Weitere Entlassungen werden befürchtet.

Ungewohntes Bild in Thalfang am Samstagmorgen vor Beginn der traditionellen Tagung des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau. Eine Menschenmenge steht vor der Festhalle, in der sich später rund 170 Landwirte über Details im Umgang mit Prämienrechten im Rahmen der Agrarreform informieren werden. Viele Demonstranten tragen Transparente und Plakate mit Aufschriften wie "Hochwald sollst du leben - aber Hochwald lässt uns sterben", auch von "Lügnern" oder "Nieten in Nadelstreifen" ist zu lesen. Hinter einem schwarzen Sarg postieren sich junge Männer, die Holzkreuze mit der Aufschrift "Fleischwerk" tragen. Der Protest von rund 100 Menschen richtet sich gegen die zum Ende des Jahres beabsichtigte Schließung des Fleischwerks der Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH. Mehr als 70 Beschäftigten droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes. "Es geht um unsere Ärsche", antwortet Thomas Konrad, einer der Betroffenen, drastisch auf die Frage, warum er demonstriert. Dass er "schlechte Karten auf dem Arbeitsmarkt" habe, weiß auch Alfred Vogel aus Hinzerath, der seit 38 Jahren im Fleischwerk beschäftigt ist. Dem 57-Jährigen droht wie vielen seiner Noch-Kollegen Hartz IV, ist er überzeugt. Vogel macht darauf aufmerksam, dass auch ein stillgelegtes Werk Geld koste, beispielsweise die Thalfanger Verbraucher. Wenn das Fleischwerk kein Wasser mehr beziehe, werde der Wasserpreis steigen. Erst die Schlachtung, die firmeneigene Bäckerei, jetzt das Fleischwerk, bald der Heim-Service und die Werkstatt - ein Mitarbeiter aus Malborn fürchtet, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei. Das dementiert auch Hochwald-Geschäftsführer Karl-Heinz Engel nicht, der sich zunächst unter den schrillen Pfiffen aus Trillerpfeifen einen Weg durch die Menge in die Festhalle bahnen muss. Es gehe derzeit darum, die verschiedenen Werke zusammenzuführen. Auch im Milchbereich gebe es innerhalb des Unternehmens Doppelproduktionen, über die man sich derzeit Gedanken mache. Neben Thalfang gibt es nach Informationen des Betriebsrats zwei weitere Werke im Unternehmen, in denen Kondensmilch in Dosen produziert wird. Im Zusammenhang mit dem Fleischwerk spricht Engel vor laufenden Fernsehkameras von Verlusten im siebenstelligen Bereich. Der Verzicht der Belegschaft auf einen Teil der Prämie hätte lediglich fünf bis sieben Prozent dieser Summe ausgemacht. "Zu mehr sei keine Bereitschaft vorhanden gewesen", sagt der Geschäftsführer. Das sei den Landwirten nicht zumutbar. Nach seinem Kenntnisstand habe die Milchproduktion das Fleischwerk in der Vergangenheit "mitsubventioniert", erklärt Manfred Zelder, der Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbands im Kreis Bernkastel-Wittlich. Die Milchproduktion stecke ebenso in der Krise. Auch bei den Landwirten gehe die Existenzangst um. Betriebsrat: Keine Tabus bei den Verhandlungen

Die Vorwürfe der Geschäftsleitung will Christel Martin von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in Trier nicht so stehen lassen. In einer Betriebsvereinbarung habe die Geschäftsführung sich verpflichtet, über die Sicherung von Arbeitsplätzen zu verhandeln. Aber nie sei es um konkrete Maßnahmen gegangen. Auch Betriebsrats-Chef Klaus Schmitt weist die Vorwürfe zurück. Es habe eine klare Ansage an die Geschäftsleitung gegeben, Forderungen zu stellen. Nichts sei tabu gewesen. Angesichts des Skandals um "Gammelfleisch" hält er es statt der Fleischwerk-Schließung für sinnvoller, die Schlachtung zu reaktivieren, die im Zusammenhang mit der BSE-Krise zugemacht worden war. Ein Bericht über die Bauerntagung folgt.

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