Andächtig statt hysterisch

Da hätte jeder Kirchenmann seine Freude, wenn er vor voll besetzten Bänken predigen dürfte. Paul, Kathy, Patricia, Joey und die hochschwangere Maite - besser bekannt als die "Kelly Family" - spielten im Rahmen ihrer "More Good News"-Tour in der ehemaligen Reichsabtei St. Maximin. Rund 300 Menschen lauschten andächtig dem gelungenen Mix aus alten Hits, Folk und spirituellen Liedern.

 Patricia Kelly sang mit vier weiteren Kellys in St. Maximin. TV-Foto: Anita Schack

Patricia Kelly sang mit vier weiteren Kellys in St. Maximin. TV-Foto: Anita Schack

Trier. (ahs) "Man wird nicht jünger", keucht Patricia Kelly nach ihrer Tanzeinlage zu einem der irischen Traditionals, die die berühmten Geschwister an diesem Abend in St. Maximin zum Besten geben. Wesentlich älter geworden sind sie oder Paul (erst seit 2005 wieder dabei), Kathy, Joey und Maite aber auch nicht. Und trotzdem ist da, wo "Kelly Family" in schnörkeligen Lettern draufsteht, nicht mehr das gleiche drin. Ein Vergleich. Masse mit Klasse: Wer die "Kelly Family" bei einem ihrer Straßenkonzerte in den 90er Jahren erleben durfte, wurde leicht neidisch. Neun tolle Stimmen, Musikinstrumente spielen konnten sie auch, und zwar jeder jedes: von A wie Akustikgitarre bis Z wie Ziehharmonika. Beim Kirchenkonzert füllen nur fünf der Familienmitglieder die kleine Bühne. Verstärkt werden sie von einer Band, greifen selbst nur selten zu Instrumenten. Klare, starke Stimmen haben die Geschwister jedoch nach wie vor. Lange Haare & Lumpenlook: Die einen ahmten den alternativen Kleidungsstil der Geschwister nach, andere benutzten ihn als humoristische Vorlage. Über die langen Röcke, Wollpullis und Haare bis zum Hintern machte sich Ende der Neunziger nicht nur Stefan Raab lustig. "Doch man trifft sich im Leben immer zweimal", bemerkt Joey und zitiert "Spiegel Online": "Da steht, Kelly rächt sich sportlich bei Raab für Kritik gegen seine Familie." Die rund 300 Menschen in St. Maximin lachen. Denn nicht zum ersten Mal ist der 34-Jährige bei Raabs sportlichen Events als Favorit an den Start und als Sieger durchs Ziel gegangen - wie jüngst beim Promi-Turmspringen am Samstag. Und Joey ist ein guter Gewinner, für das Kölner Lästermaul findet er folgende Worte: "Der Raab ist ein feiner Kerl, aber gewinnen kann nur einer." Den Look haben die Kellys in Grundzügen beibehalten, selbst Joey trägt beim Kirchenkonzert einen (Schotten-)Rock. Keine Boygroup-Kreischerei: Mit dem "An Angel"-Hype (ab 1994) kam die Kreischerei: Wo die beiden jüngsten Kellys Angelo und Paddy auftauchten, herrschte Hysterie. Tourte Angelo im vergangenen Jahr noch mit durch die Gotteshäuser der Republik, ist der 25-Jährige selbst gerade mit seinem zweiten Solo-Album unterwegs. An Paddy erinnert in St. Maximin nur ein T-Shirt am Merchandise-Stand. Der ehemalige Mädchenschwarm lebt zurzeit als Mönch in einem Kloster in Südfrankreich. Im Mittelpunkt des Konzerts in der ehemaligen Reichsabtei steht einzig und allein die Musik - und musiziert haben die Kelly-Geschwister ihr ganzes Leben lang, entsprechend perfekt ist das Zusammenspiel der Fünf. Fazit: Unprätentiös mit wenig Show; dem sakralen Ambiente angemessen präsentierten sich die Kellys in St. Maximin. Wer vor dem Konzert noch nicht in Weihnachtsstimmung war, freut sich spätestens jetzt aufs Fest.

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