1. August 1914: Es stand im Volksfreund vor 100 Jahren

Trier · Auf dem Markt steigen die Preise und die Trierer werden darauf vorbereitet, Soldaten in ihren Häusern und Wohnungen einzuquartieren. Diese und weitere Meldungen, die vor hundert Jahren im Trierischen Volksfreund standen, lesen Sie hier.

 Titelseite des Trierischen Volksfreunds vom 1. August 1914

Titelseite des Trierischen Volksfreunds vom 1. August 1914

Foto: Stadtarchiv Trier

Am 1. August 1914 wurde die Titelseite des Trierischen Volksfreundes von der erschlagenden Überschrift " Die Russen wollen den Krieg" in einer riesigen Schriftgröße geprägt.

Unter der Überschrift " In den Krieg!" versucht der TV, den bevorstehenden Krieg zu rechtfertigen und dazu zu motivieren, mit hinauszuziehen. Ein paar Zeilen dieses Artikels lauteten:
"Wie wir bereits im gestrigen Abendblatt mitteilen konnten, hat der Kaiser den Kriegszustand erklärt, der an sich die Mobilisierung noch nicht bedeutete. Über Nacht bestätigten dann die einlaufenden Depeschen, daß Deutschland tatsächlich ein befristetes Ultimatum an Rußland gestellt hat, in dem die deutsche Mobilmachung in Aussicht gestellt wurde für den Fall, daß Rußland seine Kriegsvorbereitungen nicht innerhalb 12 Stunden einstelle. (…) Wir stehen also im Augenblick ebenfalls vor der Mobilmachung, und auch Österreich hat nun die allgemeine Mobilmachung angeordnet.
Wir Deutsche ziehen in den Krieg mit ähnlichen Gefühlen wie im Jahre 1870. Wie damals, so ist uns auch im Jahre 1914 der Krieg aufgezwungen worden, denn es dürfte geschichtsnotorisch sein, daß unser Kaiser bis zum letzten Augenblick alles getan hat, was mit der Würde der Reiches zu vereinbaren war, um die Kriegsfurie zu bannen. Es sollte ihm nicht vergönnt sein, seine jahrzehntelange Friedensarbeit weiter vor Neid und Rassenhaß zu bewahren, er wird nun Krieg führen müssen. (…)
Und wie nun der Ausgang sein möge, unser deutsches Vaterland führt einen gerechten Kampf und, so Gott will, wird ihm die Gerechtigkeit seiner Mission auch den Sieg geben. Wir führen keinen Eroberungskrieg, uns gelüstet nicht danach, fremde Landgebiete zu stehlen, wir schlagen uns um des Friedens willen, den uns der böse Nachbar nicht gönnt."
(…)

Auch eine Bekanntmachung des damaligen kommandierenden Generals von Tuelff fand sich auf der ersten Seite des TV.
(…) "Die Schnelligkeit und Sicherheit unseres Aufmarsches erfordert einheitliche und zielbewusste Leitung der gesamten vollziehenden Gewalt. Wenn durch die Erklärung des Kriegszustandes die Gesetze verschärft werden, so wird dadurch niemand, der das Gesetz beachtet und den Anordnungen der Behörden Folge leistet, in seinem Tun und Wirken beschränkt. Ich vertraue, daß die gesamte Bevölkerung alle Militär- und Zivilbehörden freudig und rückhaltlos unterstützen und damit die Erfüllung unserer hohen vaterländischen Pflichten erleichtern wird. (…)

Kaum wurde verkündet, dass der deutsche Kaiser das Reichsgebiet in den Kriegszustand erklärt hat, wirkt sich diese Nachricht auf die Wirtschaft aus: "Wegen der politischen Wirren war der Handel auf dem heutigen Wochenmarkt äußerst rege, wodurch besonders die Preise für Butter, Eier und Kartoffeln in die Höhe schnellten."

Währenddessen verkündet der Trierer Oberbürgermeister, dass die Bevölkerung wohl Soldaten in ihren Häusern und Wohnungen versorgen muss: "Im Falle einer ausgesprochenen Mobilmachung müssen eine größere Anzahl von Offizieren und Mannschaften in Privathäusern einquartiert werden."

In der Bevölkerung schüren die vielen Kriegsmeldungen offenbar Angst. Jedenfalls sieht sich die Redaktion veranlasst, auf den Unterschied zwischen Mobilmachung und Kriegszustand hinzuweisen: "Kriegszustand ist nicht, wie vielfach angenommen wird, bereits Mobilisierung. Die letzte wird aber möglicherweise auf dem Fuße folgen."

Verständlicherweise dominieren die Meldungen rund um die politischen und militärischen Entwicklungen die Volksfreund-Ausgaben dieser Tage. Einige der Meldungen, die sich am 01. August 1914 nicht um Fragen von Krieg und Frieden drehen, haben wir im Folgenden zusammengefasst:

"Taben, 30. Juli. Im benachbarten Orte Hamm hat sich ein bedauerlicher Unglücksfall ereignet. Eine Frau im Alter von 50 Jahren war mit den Ihrigen auf dem Felde beschäftigt, Korn aufzumachen. Hierbei drang ihr ein harter Halm in das Bein und zerschnitt eine Ader. Da niemand Hilfe zu leisten wußte und die Verblutung aufhalten konnte, starb die Frau auf dem Felde, ehe der Arzt zu Stelle war."

Merzig, Diebstahl. "In einem Baubuero im Kreis Merzig stahlen Einbrecher am 31. Juli einen Geldschrank. Sie zerbrachen ihn und raubten 900 Mark in bar und 600 Mark in Wertpapieren."

Eine aus heutiger Sicht eher amüsant anmutende Kleinanzeige liest sich wie folgt:
"Empfehlenswerte Trierer Firmen für Verlobte.
Am besten kaufen Sie Wäsche und Cravatten bei Ernestine Isay, Grabenstrasse 18. Bettwaren und Gardinen, Carl Kraemer, Brodstrasse 53."

Besonders ist aus heutiger Sicht wohl der Abdruck eines Gedichtes, obwohl weder Autor, noch Anlass dazu zu erkennen sind. Ob das Gedicht von der Redaktion selbst geschrieben wurde?
" Und abermals in haßdurchglühtem Lande
Entflammet wild der kaum entschlaf´ne Krieg,
Der durch des Fürstenmondes meuchlerische Schande
heraufbeschwor´n, aus blutgetränkter Erde stieg.
hat nicht genug schon Menschenblut getrunken
Die Erde, not von eig´ner Kinder Blut,
Sind nicht genug der Männer schon hinabgesunken
Im tiefen Orkus revolutionärer Blut?
Ja, lang genug schon hat auf allen Meeren
Unschuldig Blut den Rachetag erbrüllt,
Der von des Balkans Schluchten bis in nordsche Sphären
Die Nationen mit der Furcht des Krieg´s erfüllt.
Die Reiche, durch Verrat und Raub geschaffen,
Sahst du aus wüsten Trümmern aufersteh´n,
Und fordernd jetzt die Rache überleg´ner Waffen,
hat je die Weltgeschichte größern Wahn geseh´n?"
(…)

Der Wetterbericht damals sah allerdings etwas anders aus als heute, ganz ohne Bilder und eher etwas ungenau:
" Beobachtungen vom 31. Juli bis 1. August 1914: Luftwärme, Maximum 22,5, Minimum 10,5 Grad Cels. - Luftdruck auf Ortshöhe 755 mm. - Windrichtung Nordwesten. - Regenmenge keine.- Besondere Bemerkungen: Das Barometer ist langsam am fallen.
Voraussichtliche Witterung von Trier und Umgebung für Samstag bis Sonntag: Veränderlich, abwechselnd trübe und aufheiternd, später kleine Regenfälle."

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