Auf dem Sprung nach Shanghai

WITTLICH. Für die Familie Mayer aus Wittliche beginnt am Montag ein neuer Lebensabschnitt. Es geht rüber ins Reich der Mitte, genauer gesagt in die chinesische Hafenstadt Shanghai.

Heidi Mayer (Name auf Wunsch der Familie geändert, Anm. d. Red.), 33 Jahre alt, ist seit sechs Jahren in einem weltweit agierenden Großunternehmen im Bereich der Informations-Technologie (IT) tätig. Ihr Ehemann Stefan ist ebenfalls bei einem Großunternehmen als Ingenieur und Projektmanager im Industriebau beschäftigt. Zusammen mit ihrer Tochter Eva, 13 Monate alt, besteigen die beiden am Montag den Flieger ins Reich der Mitte. Genauer gesagt: nach Shanghai.Reiseführer gewälzt und Chinesisch gepaukt

Dort wird eine Chemieanlage für die Kunststoffindustrie gebaut. Der schier unendliche chinesische Markt lockt mit seinem Bedarf an High-tech-Kunststoffen, zum Beispiel für die Automobilindustrie. Mit der Basisplanung für ein solches Projekt ist Stefan Mayer seit gut einem Jahr in Deutschland beschäftigt und wird - nach dem Ende der Planungen - nun seine Arbeit "vor Ort" fortsetzen. Heidi wird für ihr Unternehmen nach einer Baby-Pause zukünftig zwei Tage in der Woche europäischen Standard im IT-Bereich in die Niederlassungen ihres Arbeitgebers in Asien importieren. Schon seit langem bereitet die dreiköpfige Familie ihren großen Umzug vor. So manchen Reiseführer haben die Mayers gewälzt und seit mehreren Monaten in der Gruppe mit Kollegen oder im Einzelunterricht Chinesisch gepaukt. "Richtiger ausgedrückt: wir versuchen, uns mit den Umgangsformen vertraut zu machen", sagt Stefan und weist auf die Schwierigkeiten mit der ihm völlig unbekannten Sprache hin. Bei einem Fachinstitut lernten sie ganz gezielt die kulturellen Unterschiede ihres Gastlandes kennen, aus ihnen möglicherweise entstehende Konflikte und deren Bewältigung im Berufs- und Privatleben. "Wie überwindet man die Hochs und Tiefs, so weit weg von daheim, und insbesondere den Kulturschock, der uns erwartet?" Diese Fragen waren Heidi Mayer wichtig. Bis zum Umzug hatte das Ehepaar eine lange Liste von Aufgaben zu erledigen: Wohnung vermieten, Autos verkaufen, Finanzielles regeln, Impfungen organisieren, Medikamente und Bücher zusammenstellen, abklären, welche Teile des Haushalts in Wittlich eingelagert werden und welche mit auf die Reise gehen, und wiederum was schon Wochen vorher auf große Schiffstour geht oder erst im Koffer beim Flug. In Shanghai reichte eine Woche, um das Wichtigste zu regeln: die neue Wohnung war gemietet, die Bankkonten eröffnet und der erste medizinische Check, die Voraussetzung für die Einreise, erfolgreich absolviert. Für Heidi war das "sehr anstrengend, da in einer Woche Entscheidungen gefällt werden mussten, und sehr schwierig, da zum ersten Mal Tochter Eva nicht dabei war." Heidi hat ihre zukünftigen Mitarbeiter schon bei einem Meeting in Shanghai kennen gelernt. Die Familie wird ganztags von einer chinesischen Fachkraft im Haushalt betreut."Nicht viele bekommen eine solche Möglichkeit"

In Wittlich geht es nun darum, Abschied zu nehmen. "Im Gegensatz zu Heidi, die schon sehr früh an das Abschiednehmen gedacht hat, wird es für mich erst jetzt, kurz vor der Abreise, zunehmend schwerer. Die Vorfreude überwiegt, auf eine große Herausforderung, sowohl beruflich als auch privat. Es gibt nicht so viele Menschen, denen eine solche Möglichkeit geboten wird", sagt Stefan. Heidi hat schon "so ein bisschen" Abschied genommen, wie sie sagt. Manchmal zweifle sie ein wenig: "War es die richtige Entscheidung? Schaffen wir das alles?" Die richtig große Vorfreude wolle nicht aufkommen, sagt sie, doch grundsätzlich habe sie "eine positive Einstellung zu unserer Entscheidung". Doch die Zuversicht werde von Tag zu Tag größer: "Zu dritt schaffen wir das, auch mit Hilfe der vielen netten Leute, die wir schon kennen gelernt haben." Sie hofft, dass die zwei Jahre, gefüllt mit viel Neuem, kurzweilig sein werden und mit viel Besuch aus der Heimat noch kürzer werden. Für sie sei vor allem wichtig: "Wir bleiben zusammen. Trennung von Familie und Freunden ist schon schwer, aber es gibt ja E-Mail, Internettelefonie mit Web-Cam und Digital-Kameras."

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