Blutrünstig und wahnsinnig

Seine Werke sind berühmt, blutrünstig und gut besucht: Quentin Tarantino. Der US-Amerikaner sorgt zurzeit mit seinem aktuellen Film "Death Proof" wieder einmal für volle Kinosäle, aber auch heiße Diskussionen.

Trier. Wer ist dieser schräge Vogel, der gerne mal Kritiker verprügelt (und dafür dann fünf Millionen Dollar Strafe zahlt), am Set in ausgefallenen Outfits auftritt und seine Karriere mit einer Lüge ins Rollen brachte?Dass er "vom Fach ist", steht außer Frage. "In seinem Kopf ist für nichts anders Platz als für Filme", sagt Sydney Tamila Parker, eine seiner Darstellerinnen im neuen Film "Death Proof". Kurt Russell kratzte sich verwundert am Kopf: "Er kennt alle meine 50 Filme in- und auswendig. Absoluter Wahnsinn."Tarantino wahnsinnig? Außenstehende könnten ohne Probleme zu diesem Schluss kommen. In seinen Filmen spielen sich Gewaltszenen ab, die an Fantasien Geisteskranker erinnern. In "Reservoir Dogs", seinem Erstlingswerk, wird mit penibler Detailtreue ein Ohr abgetrennt, in "Kill Bill" spritzt das Blut fast aus der Leinwand, und in "Death Proof" dreht sich sowieso nur alles ums Töten. Seine Neigung zu Gewaltszenen kommen nicht von ungefähr. Martial Arts-, B-Movies und billige Italowestern bestimmten seine Jugend, die er in billigen Vorstadtkinos (sogenannte Grindhouses) nahe Los Angeles oder als Mitarbeiter einer Videothek verbrachte. Immer wieder tauchen deswegen auch Elemente dieser keineswegs aufwendig produzierten Filme in seinen Werken auf. In fast jedem seiner Filme gibt es neben den vielen Gewaltszenen zahlreiche Zeitsprünge, makabere Witze und völlig belanglose Dialoge. Oft lässt es sich Tarantino nicht nehmen, in seinen Filmen selber aufzutreten - sei es als Schauspieler, Statist oder auch nur als Stimme. Hitchcock und Scorsese werden verehrt

De Palma, Hitchcock und Sergio Leone sind seine Vorbilder. Bei Martin Scorsese geht die Vorliebe gar so weit, dass er für jeden seiner bisherigen Filme einen der Darsteller aus dem Scorsese-Mafia-Streifen "Hexenkessel" verpflichtete. Gerne greift der 44-Jährige auf Schauspieler zurück, die ihren Zenit längst überschritten haben und verhilft ihnen so zu unverhofften Comebacks. Wäre John Travolta nicht jener coole Killer in "Pulp Fiction" gewesen, so dürfte seine Karriere schon längst beendet sein.Nicht damit gemeint ist Uma Thurman. "Sie ist meine Muse", gibt er unumschwungen zu, "meine platonische Liebe." Beziehungen gab es einige, meist zu Schauspielerinnen, verheiratet war er jedoch nie, Kinder hat er nicht. Dafür wird ihm ein besonderer Hang zu Füßen nachgesagt.Hohe Erwartungen nach "Pulp Fiction"

Schon vor "Reservoir Dogs" hatte Tarantino ein Skript geschrieben, aus dem schließlich die erfolgreichen Roadmovies "True Romance" (1993) und "Natural Born Killers" (1994) endstanden. Oliver Stone, der sich für das brutale "NBK" verantwortlich zeichnet, hatte jedoch zahlreiche Passagen geändert, weswegen sich Tarantino von ihm und vom Film distanzierte. Nach "Reservoir Dogs" folgte "Pulp Fiction "- bis heute das wohl bedeutenste seiner Werke. Wegen der Arbeit an dem Episodenfilm lehnte er die Regie an "Speed" und "Men in Black" ab. Eine Entscheidung, die sich lohnen sollte: Der Streifen gilt heute als Kult. Tarantino galt als neue Hoffnung Hollywoods. Was danach kam, war allerdings wenig berauschend. Nach einer mauen Folge für den Episodenfilm "Four Rooms" kam der zähe "Jackie Brown". Zwar gab es einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung, an seine Vorgänger kam der Film jedoch nicht heran. Auch "Kill Bill" wusste nicht vollends zu überzeugen. Besser war da sein Ausflug Richtung Fernsehen. Für die Serie CSI drehte er 2005 eine Doppelfolge, die eine Emmy-Nominierung erhielt. Sein aktueller Film "Death Proof" ist eine Hommage an die Grindhouses. Billig, wenig Story und viel Blut, so wollte es Tarantino. Die Story ist kurz erzählt: Ein Stuntman tötet junge Frauen in vorsätzlichen Unfällen. In Amerika lief der Film zusammen mit "Planet Terror" von Tarantino-Freund Robert Rodriguez - und floppte gnadenlos. Auch in Deutschland wollten nur 400 000 Menschen den Film sehen. Nun dreht Tarantino einen Kriegsfilm, der, man höre und staune, im Moment mit einer Länge von acht Stunden geplant ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort