Das Abenteuer seines Lebens

Bundeswehr oder Zivildienst? Für die meisten jungen Männer stellt sich diese Frage irgendwann zwangsläufig. "Weder noch" sagte sich der 19-jährige Thomas Kiesgen. Er wählte einen dritten Weg: In ein paar Tagen macht er sich auf nach Philadelphia/USA.

 Thomas Kiesgen geht in die USA, um dort ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen Er wird sich dort um sozial benachteiligte Menschen kümmern. TV-Foto: Rebecca Schaal

Thomas Kiesgen geht in die USA, um dort ein Freiwilliges Soziales Jahr zu machen Er wird sich dort um sozial benachteiligte Menschen kümmern. TV-Foto: Rebecca Schaal

Altrich. "Ich weiß seit ewiger Zeit, dass ich das machen will." Und das sagt Thomas Kiesgen aus Altrich nicht einfach so daher. Er meint es wirklich so, daran lassen seine leuchtenden Augen und sein Lächeln keine Zweifel aufkommen. In ein paar Tagen geht es los: das bisher größte Abenteuer seines Lebens. Genau ein Jahr wird er in der US-amerikanischen Stadt Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania verbringen und dort für die Organisation "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" arbeiten und sich unter anderem mit Überlebenden des Holocaust und sozial benachteiligten Menschen beschäftigen. "Ich habe mir das gut überlegt"

Keine leichte Aufgabe für einen jungen Mann, der gerade sein Abitur hinter sich hat. In einer Phase, wo ein völlig anderes Leben beginnt, in der sich die meisten erst mal orientieren müssen. Es wäre nicht viel Fantasie nötig, sich vorzustellen, dass er diesen Begegnungen mit ein wenig Angst entgegensieht. Aber Thomas wiegelt ab und gibt trotzdem zu: "Klar, diese Gedanken habe ich mir gemacht, bevor sicher war, dass ich gehe. Aber ich habe mir das gut überlegt." Jetzt freue er sich nur noch "auf die Geschichten, die diese Menschen zu erzählen haben". Wie fast jeder junge Mann stand auch er vor der Frage: Bund oder Zivildienst? Wehrdienst sei für ihn überhaupt nicht in Frage gekommen. Aber auch die Suche nach einem Zivildienstplatz gestaltete sich nicht so einfach: "Hier in der Gegend habe ich nichts wirklich passendes gefunden. Ich wollte etwas, das mich wirklich fordert, und ins Ausland gehen, das wollte ich auch." Und so stieß er schließlich auf die "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste". Dafür musste Thomas einige Hürden wie Aufnahmetests nehmen, zudem wurde ihm die Aufgabe gestellt, einen Förderkreis aufzubauen. Anders gesagt: Er musste teilweise wildfremde Menschen um Geld bitten. "Das hat mich schon Überwindung gekostet." Geschafft hat er es trotzdem, auch, "weil ich fast überall auf viel Verständnis gestoßen bin".Nun wartet also Philadelphia auf den Abiturienten. Die Stadt, die Tom Hanks als Aids-Kranker im gleichnamigen Film berühmt machte. Eine Stadt mit rund 1,5 Millionen Einwohnern, die fünftgrößte Stadt Amerikas. Aus dem Dorf Altrich in eine Millionenmetropole: "Wenn ich überhaupt etwas vermissen werde, dann ist es bestimmt die Ruhe, die ich hier habe. Und das deutsche Essen."Fernziel: Literaturstudium

Auch wenn Thomas sich in den nächsten zwölf Monaten mit sozialen Dingen beschäftigen wird: Für seine berufliche Zukunft kann er sich das kaum vorstellen. "Ich würde gerne was mit Literatur studieren, vielleicht auch in Richtung Politik oder Journalismus." Immerhin weiß er schon, wohin seine persönliche Reise gehen soll - damit hat er manchen Gleichaltrigen einiges voraus. Von der so oft herauf beschworenen Null-Bock-Generation will er aber nicht sprechen - weil er mit seinem Engagement ein Gegenbeispiel ist (das würde er selbst so aber nicht hervorheben), und weil "die Null-Bock-Haltung einfach längst nicht bei allen jungen Leuten vorhanden ist. Eher eine Unsicherheit, was in Zukunft kommt". Thomas möchte junge Menschen, die ebenfalls einen "anderen Dienst im Ausland" machen wollen, ermutigen, sich früh genug darum zu kümmern und Informationen einzuholen. "Da ist viel Eigeninitiative gefragt", sagt er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort