Das Beste aus zwei Welten

Jochen Heib lebt in zwei Welten: einmal als fast typischer Dörfler in Kell am See inklusive Trainerjob im Sportverein. Und dann ist er auch ein erfolgreicher DJ und macht Technoplatten. Da sich beide Welten nur selten überlagern, kennen nur wenige den "ganzen" Heib.

 Ein Mensch und seine Maschinen: Mit diesem Gerätepark produziert Jochen Heib aus Kell seine Technoplatten. TV-Foto: Frank Göbel

Ein Mensch und seine Maschinen: Mit diesem Gerätepark produziert Jochen Heib aus Kell seine Technoplatten. TV-Foto: Frank Göbel

Kell am See. Techno-DJs sind lichtscheue Partytiere mit einem Kopf voller Piercings, Partys und Pillen. Oder? Jochen Heib lacht. "Ja", sagt der Technomusiker und deutet von seinem Balkon aus über das beschauliche Kell. "Hier wurden schon einige lustige Gerüchte über mich verbreitet, aber eigentlich nur von denen, die mich gar nicht kennen." Und das sind gar nicht so viele, denn Heib ist in dem Dorf am Rande des Hunsrücks aufgewachsen und in das Vereinsleben voll integriert: Er ist Tischtennistrainer im Sportverein und spielt auch in der Fußballmannschaft. So bekommen viele Keller oft nur flüchtig mit, dass der hochgewachsene 31-Jährige als DJ unterwegs ist und auf dem rennomierten Szene-Label "Kompakt" regelmäßig Platten veröffentlicht. Die nimmt er im Heimstudio in Kell auf, wo der Musiker bei seinen Eltern wohnt. Dort hat er einen Raum voll mit meist betagten, aber dafür legendären Synthesizern und Drumcomputern. Die liefern einen authentischen Sound, der Jochen Heib sehr wichtig ist: "Minimal Techno" nennt sich bezeichnend das Subgenre, dem seine Werke zuzuordnen sind. Mögen mit der aktuellen Technik schon Anfänger leicht bombastische Werke mit dutzenden Spuren produzieren, so ist das nicht Heibs Stil: Zuerst muß es mal "grooven", und das schaffe man nicht, indem man dem Hörer die Ohren zukleistere, sagt Heib. Also pluckert der archetypische Grundbeat spartanisch dahin und nur behutsame Variationen und Soundeffekte in den untergelegten Sequenzerlinien geben den konzentrierten Stücken ihren Charakter. Das ist wenig charttauglich, hat aber doch seine begeisterten Zuhörer, und so hat Jochen Heib mit "Arise" kürzlich seine siebte Maxi-CD veröffentlicht.Konzentration auf das Wesentliche - sie charakterisiert nicht nur Jochen Heibs Musik, sondern scheint auch ein zentrales Lebensthema zu sein: Fernab von Szeneleben und Dauerparty kümmert er sich um seinen Gemüsegarten, lebt fleischlos, raucht und trinkt nicht. "Straight edge" nennt man das, "an einer geraden Kante entlang". Und so ist der Ausnahmedörfler in der sonst recht hedonistischen Technoszene eine Ausnahmeerscheinung. "Wenn ich irgendwo Platten auflege, dann feiere ich natürlich auch", korrigiert er das Bild eines allzu mönchischen Daseins. Allerdings sollte man ein Maß kennen, findet er. "Im Sportverein sehe ich mich auch weniger als Tischtennistrainer, sondern eher als Lebenswegbegleiter", sagt Heib und lacht über seine Formulierung. Aber der Gedanke ist ihm ernst: "Man hat ja Einfluss, vor allem wenn man als cool dasteht, und da kann man auch Vorbild sein."Wer mal in Musik von Jochen Heib reinhören möchte, kann das unter www.myspace.com/jochenheib tun - oder ihn am Samstag als DJ im Exhaus erleben. LICHTER AUS TEKKNO Das "Lichter aus Tekkno"-Festival findet am Samstag, 28. April, im Exhaus statt. Auf der Hauptbühne spielen Tomas Andersson, Ascii.Disko und Dada Inn ihre Livesets. Der DJ Playpaul aus Paris legt ebenso auf wie die lokalen DJs Heib, Niko Schwind und DrGonzo. Auf dem "Breakfloor" lassen es unter anderem die Trierer Tempo 90, das Groovalistic Soundsystem und Defective Boy ein bisschen knackiger angehen. Einlass ab 22 Uhr. (fgg)

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