„Das ist echt unfassbar!“

TRIER. Keine zwei Jahre ist es her, als Bill, Tom, Gustav und Georg alias „Tokio Hotel“ mit „Durch den Monsun“ die Charts eroberten. Und seitdem verspricht alles, was die Vier anpacken, zum Erfolg zu werden. Derzeit tourt das Quartett durch Europa und kommt am 4. Mai auch für ein Konzert nach Trier. Vorab unterhielt sich der TV mit Bill und Gustav über das Leben auf Tour, das aktuelle Album „Zimmer 483“ und natürlich ihre Fans.

TV: Ihr kommt knapp zwei Monate später zu uns als ursprünglich geplant. Der Grund waren technische Schwierigkeiten, nicht wahr?
Bill: Uns tut das wahnsinnig leid, dass unsere Fans warten müssen. Es gab wirklich technische Schwierigkeiten, was die Bühne angeht. Die ist leider nicht rechtzeitig fertig geworden und wir haben diesmal wirklich eine sehr, sehr geile Bühne dabei. Wir haben selbst ausgesucht, wie die werden soll.

TV: Und wie ist die Bühne geworden?
Bill: Das ist keine ganz typische Bühne, sondern schon sehr speziell: was das Material angeht, aus dem sie gebaut ist, und die Form. Sie hat sogar Motoren und kann sich zu jedem Song verändern. Das ist schon sehr fett. Das ist auch für uns ganz aufregend, weil wir zum ersten Mal mit einer komplett eigenen Produktion auf Tour sind. Das heisst, wir bringen alles selbst mit.

TV: Wie habt ihr euch denn auf die Tour vorbereitet?
Bill: Wir haben ohne Ende geprobt und waren tierisch nervös. Wir haben diesmal unser komplett neues Album am Start und natürlich auch ein paar Songs von dem alten. Das ist schon ein ganz schönes Programm. Wir haben uns schon sehr viel einfallen lassen. Auch, was wir mit dem Publikum machen werden. Ich will da natürlich nicht so viel verraten, aber man wird auf jeden Fall sehr nah an uns rankommen.

TV: Und von sportlicher Seite aus? Ihr braucht doch bestimmt eine gute Kondition?
Bill: Was wir nicht machen, ist Ausdauerlauf. Weil sportlich begabt sind wir alle überhaupt nicht, das muss sich, glaub' ich, wieder eingrooven. Bei der großen Bühne muss man ein bisschen Kondition mitbringen. Aber das geht schon.

TV: Aber einer von euch fährt doch gerne Fahrrad?
Bill: Ja, Gustav, der fährt gern Fahrrad.
Gustav: Ja, das bin ich. Ich hab immer Kondition.
Bill: (ruft dazwischen) Aber der kann ja sitzen die ganze Zeit.
Gustav: Die andern nerven mich auch ständig immer. Ja, komm Gustav, lass' uns mal um 7 Uhr aufstehen und dann einen 10-Kilometer-Waldlauf machen.
Bill: (lacht) Ne, also der, der am meisten rennen muss, das bin ja tatsächlich ich. Die anderen haben ja immer noch die Instrumente. Natürlich braucht man auch Ausdauer, die ganze Zeit auf Trommeln einzuschlagen.

TV: Wie holt ihr bei so viel Bewegung die verbrauchten Kalorien wieder rein?
Bill: Also wir essen eigentlich so gut wie nur Fast Food. Was anderes bleibt einem ja auch nicht übrig auf Tour. Du bist ja die ganze Zeit mit dem Bus unterwegs und da musst du dann die Schnellrestaurants an der Autobahn ansteuern und da mal was essen. Aber ansonsten haben wir ein Catering mit auf Tour und eine ganz nette Köchin.

TV: Was ist euer Lieblingsgericht?
Bill: Waffeln. Wir haben auf Tour immer ein Waffeleisen dabei und schon morgens anfangen, Waffeln zu essen. Ansonsten mag ich Nudelauflauf.

TV: Begleitet euch die Köchin auf der kompletten Tour?
Bill: Ja. Sie versorgt die ganze Crew und all die Leute die mit uns unterwegs sind.

TV: Ihr wart letztes Jahr in Trier. Meine Kollegen, die beim Konzert waren, hatten Tage danach noch ein Fiepen in den Ohren, weil die Schreie der Fans so laut waren. Wie empfindet ihr das?
Bill: Ich find das geil. Ich kann da total gut mit leben und bin glücklich darüber. Wirklich! Wir hatten nie ein Publikum, das geklatscht hat, die schreien immer alle und ich find das viel, viel geiler. Das ist eine viel geilere Stimmung, als wenn so Leute ganz förmlich applaudieren. Ich finds viel geiler, wenn die alle Schreien und wir richtig Spaß haben. Das macht uns mehr Spaß und wir hoffen den Fans auch.

TV: Das Durchschnittsalter eurer Fans liegt bei ungefähr 13 Jahren. Ältere Menschen wie unser 80-jähriger Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher mögen euch aber auch. Ist er die große Ausnahme?
Bill: Natürlich ist auch ab und zu mal ein etwas älteres Publikum da. Wir bekommen manchmal sogar Post von älteren Fans. Oder die Eltern kommen mit zum Konzert und sagen danach: "Naja, so schlimm wars doch nicht."

TV: Gibt es eine Stadt, auf die ihr euch besonders freut?
Gustav: Wir freuen uns natürlich am meisten auf Trier.
Bill: (lacht).

TV: Wer hat überhaupt die Tourorte ausgesucht?
Bill: Wir versuchen immer ein bisschen zu wechseln. Wir haben ein paar Städte durchgetauscht und spielen zum Beispiel zum ersten Mal in Hannover. Wir versuchen schon da zu spielen, wo uns auch die Leute sehen, die uns bisher noch nicht live gesehen haben. Aber wir freuen uns natürlich auf die komplette Tour. Es wird der Wahnsinn, weil es diesmal eine Europatour ist. Das wird schon gut werden. Aber natürlich haben wir gerade an die deutschen Konzerte sehr, sehr schöne Erinnerungen und hoffen, dass es genauso schön weitergeht.

TV: Euer aktuelles Album "Zimmer 483" ist ja nicht nur bombig in Deutschland eingeschlagen, sondern hat in Frankreich Goldstatus erreicht. Freut einen der Erfolg über die eigene Landesgrenze hinaus noch ein bisschen mehr?
Bill: Wir sind sehr überrascht gewesen, dass unser Album hier gleich auf Platz eins eingestiegen ist, weil das überhaupt nicht normal für ein zweites Album ist. Es ist wirklich schwer, irgendwie an den Erfolg anzuknüpfen. Wir haben uns da nicht totalen Druck gemacht, sondern haben einfach weiter gemacht. Aber natürlich waren wir irgendwie gespannt, was mit dem Album passiert. Das in Frankreich ist natürlich total abgefahren. Damit hätte keiner von uns gerechnet. Unser letztes Album ist dort auf Platz 19 eingestiegen. Das war schon sensationell für eine deutsche Band. Und jetzt auf Platz zwei: Das ist echt unfassbar!

TV: Trotz des Erfolges, den ihr mit euren deutschen Texten habt, seid ihr dabei, ein Album auf Englisch aufzunehmen.
Bill: Ja, das ist richtig. Wir sind dabei, immer so nebenbei ein paar Sachen zu machen und ein bisschen auf Englisch zu recorden. Aber das ist wirklich nur zum Verständnis. Uns ist es ganz wichtig, dass die Leute unsere Texte verstehen, gleich wissen, worum es geht. Die meisten im Ausland haben sich das übersetzt, aber wir wollen es denen quasi noch ein bisschen einfacher machen, dass wirklich jeder das verstehen kann. Meistens spricht man ja nun mal Englisch und darum werden die Songtexte nur zur Übersetzung eins zu eins nochmal neu eingesungen.

TV: Andererseits haben beispielsweise "Rammstein" - ohne euch mit denen zu vergleichen - auch mit ihren deutschen Texten in Amerika Erfolg.
Bill: Das stimmt. Aber ich glaube, das ist mehr unser Ding, weil wir als Band unbedingt wollen, dass man wirklich die Texte versteht. Das gehört für uns zusammen. Die Themen, die wir ansprechen, liegen uns nämlich echt am Herzen.

TV: Welche Themen inspirieren euch denn beim Schreiben?
Bill: An Inspiration hat es uns überhaupt nicht gefehlt im letzten Jahr, weil wir ja total viel rumgekommen sind und wirklich viel erlebt haben. Das ist unfassbar. Wir hatten auf dem zweiten Album echt viel zu sagen. Gerade im letzten Jahr sind wir auch ganz, ganz viel von unseren Fans inspiriert worden, die wirklich viel geschrieben haben, die uns ganz viele Sachen und ihre Geschichten erzählt haben.

TV: Wie persönlich werden denn die Fans? Kommen die auch mit Problemen zu euch?
Bill: Sehr persönlich teilweise. Das sind Sachen, die einem nahe gehen. Wirklich ihre ganze Lebensgeschichte, all die Sachen die sie erlebt haben. Da sind Briefe dabei, die sehr, sehr emotional sind. Das ist für uns halt sehr schön. Und oftmals haben sie uns auch geschrieben, dass unsere Musik dann in vielen Situationen hilft, was irgendwie das Schönste ist, was man einer Band sagen kann. Dass man mit der Musik was bewegen kann, und dass man Menschen helfen kann. Ich glaube, jeder von uns kennt das ja, wenn man traurig oder fröhlich ist oder was auch immer man für eine Stimmung hat, man hört ja eigentlich ständig Musik. Und Musik ist ja überall ein Begleiter, auch bei uns privat. Musik kann einfach unglaublich helfen. Und dass wir das jetzt machen können und anderen Leuten mit unserer Musik helfen und Spaß bereiten können, ist natürlich schön.

TV: Ihr habt den Echo 2007 für das beste Musikvideo "Der letzte Tag" gewonnen. Habt ihr mit dieser Auszeichnung gerechnet?
Bill: Nö. (lacht) Wir waren ja mit einem alten Video nominiert. Und wir hatten ja jetzt wirklich schon was Neues am Start.

TV: Wie würdet ihr einen Nicht-Tokio-Hotel-Fan davon überzeugen, zu eurem Konzert in Trier zu kommen?
Bill: Wer einfach mal handgemachte Musik hören will und eine schöne Bühnenshow dazu haben will, der sollte auf jeden Fall vorbeikommen. Wir konzentrieren uns wirklich sehr, sehr viel auf das Live-Spielen. Das Live-Spielen ist für uns das, warum wir das machen. Wir spielen schon seit vielen Jahren und machen das auch echt gerne."

TV: OK, danke für eure Zeit. Wir sehen uns dann in Trier.
Bill und Gustav: Bis in Trier und danke. Bye-bye.

Das Interview mit Bill und Gustav von "Tokio Hotel" führte unser TV-Redaktionsmitglied Anita Schack.

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