"...de Porta wär en Frittebud!"
TRIER. Die Trierer Bagaasch muss hart sein im Holen. Nicht nur, weil in "uns schöner Trierisch" hart ausgeteilt wird. Seit einiger Zeit muss sie tatenlos hinnehmen, dass wohlerzogene junge Leute ihre wirkungsvollsten Beleidigungen missbrauchen – einfach so zum Spaß.
Höflich, gut aussehend, intelligent: der perfekte Schwiegersohn. In Jeans, Turnschuhen und Marken-T-Shirt steht er am kalten Buffet. Dass das Gestell seiner rechteckigen Brille durchsichtig ist, verleiht ihm etwas Intellektuell-modernes. Ein Hauch von Berlin-Prenzelberg scheint durch die Trierer WG-Küche zu wehen.
"Dau Greilien Boagen. (Übersetzung: Du hässlicher Popel) Dei Mamm is su fett, die kann nit in de Weltraum, weil se nit dursch et Ozonloch passt und dei Papp schminkt sisch", sagt der sympathische junge Mann plötzlich zu einer zierlichen dunkelhaarigen Frau mit Pferdeschwanz. Sie reißt geschockt ihre Augen auf, bevor sie in Lachen ausbricht und "wie bitte?" fragt. Er blickt siegessicher in die Runde und schiebt sich lässig ein Sushi-Röllchen in den Mund. In wenigen Monaten wird er an einem Gymnasium unterrichten. So oder so ähnlich fangen in und rund um Trier erstaunlich viele Unterhaltungen zwischen gebildeten jungen Menschen an. Denn "Palaver-Trierisch" liegt schwer im Trend. Vater, Mutter und Hund sind nicht selten ihre leidgeprüften Protagonisten.
Mütter kommen besonders schlecht weg
Und nicht alle Sprüche sind so freundlich, wie der bereits zitierte. Die Trierer Mütter kommen dabei regelmäßig besonders schlecht weg. Mit "Dei Mamm" fangen daher sehr viele von ihnen an. Hier ein paar der wenigen Beispiele, die die Gürtellinie nur geringfügig unterschreiten: "Dei Mamm...
...bellt, wenn et klingelt
...kocht aus Duhsen
...heißt Helmut un is de stärksten im Knast
...hat dir als Pans (Kind) sicher en Knochen um de Hals gehang, damit winigstens de Keilo (Hund) mat dir spillt
...is su duf, die sitzt uff em Fernseher un guckt Sofa
...schneid sisch ihr Fiessnäjel (ihre Fußnägel) mit der Flex
...is so fett, die sitzt im Kino nebe jedem
...is su fett, die macht Passbilder bei Google-Earth
...zieht Trecker uf DSF
... sortiert M&Ms nach em Alphabet.
Jeder noch so langweiligen Party können die Sprüche die entscheidende Wendung geben. An ratlosen Gesichtern ist abzulesen, wer aus der Ferne stammt und weder weiß, was ein Keilo ist, noch was der mit der Mamm. Doch auch sie scheinen Spaß an dem erfrischend unprätentiösen Kulturgut zu haben.
Wer solche Sprüche zur rechten Zeit am rechten Ort anbringt, kann sich großer Bewunderung gewiss sein. Innerhalb kürzester Zeit lassen sie Schwiegersöhne zu Party-Löwen werden. Oder zu einem Fall für's Krankenhaus, wenn das mit Ort und Zeit versehentlich falsch ausgelegt wurde. "Pass ma gut uff, sonst schloan Eisch da ein in de Fress, da meinste de Dom wär en Weinbergskappellschen", erwidert die Frau mit dem Pferdeschwanz in stockendem Trierisch auf die Mitteilung des smarten Schwiegersohns.
Er scheint sich über die Aufmerksamkeit zu freuen, obwohl das mit dem Weinbergskapellchen schon ziemlich alt ist. "Pass auf, kennst du den schon?", fragt er und lächelt selbstbewusst. "Pass gut uff, sonst schloan Eisch da en Loch in de Kopp, da kannste atmen wie Flipper", sagt er und strahlt sie erwartungsvoll an. Es funktioniert. Sie lacht.
"Oder noch besser", sagt er und wedelt erregt mit einem Möhren-Stick vor ihrer Nase herum, "...sonst schloan Eisch da en Trepp in de Fress, da kannste Dein Essen runna tragen." Sie lacht.
"...un et Säulemarie de Bedienung"
"Aber weißt Du, welcher immer noch am allertollsten ist?", fragt sie ihn seufzend, nachdem sie wieder genügend Luft dazu hat.
"Der mit der Porta, rischtisch?"
"Rischtisch", antwortet sie und sagt ganz sanft: "Dau Gesichtsbarack, pass gut uff, sonst schloan Eisch da ein in de Fress, da meinste de Porta wär en Frittebud...""...un et Säulemarie de Bedienung", sagt er und schaut ihr tief in die Augen.
Am rechten Ort, zur rechten Zeit - und schon versteht man sich.
Online findet Ihr weitere Sprüche, auch im MP3-Format. Kennt Ihr noch mehr? Dann schickt sie uns an szene@volksfreund.de. Die Besten veröffentlichen wir in einer unserer kommenden Ausgaben.