Denn sie wissen, was sie meinen

Was waren das noch für Zeiten, als "fett" ein Ausdruck für Leibesfülle, "Porno" die Abkürzung für einen nicht jugendfreien Film und "geil" eine Bezeichnung für lüsternes Verlangen war. Nicht "gepeilt", worum es geht? Das "Wörterbuch der Jugendsprache" soll weiterhelfen: Es richtet sich an all jene, die jenseits der 25 sind und ein Nachschlagewerk brauchen, wenn es um jugendsprachliche Ausdrücke geht. Fraglich ist nur, ob damit alle Sprachbarrieren zwischen Jung und Älter beseitigt werden.

 Hier labern Labertaschen mit ihren Labertaschen – gemeint sind Handys. Jugendliche pflegen ihre eigene Sprache. Foto: dpa

Hier labern Labertaschen mit ihren Labertaschen – gemeint sind Handys. Jugendliche pflegen ihre eigene Sprache. Foto: dpa

Trier/Wittlich. "Meine Alten kriegen die Krise, wenn ich sie mit ,Alte' anlaber." Jessica ist 15 Jahre alt und besucht eine Hauptschule in Trier. "Ej Alter", das ist für sie so selbstverständlich wie für andere ein "Hallo" oder "Guten Tag". "Ich denk mir da gar nix bei, das ist völlig normal." Alle in ihrer Clique reden so. Aber Jessicas Eltern dürfen sich trösten: "Das geht vorbei", weiß Rainer Wimmer. Der Professor für germanistische Linguistik an der Uni Trier beschäftigt sich mit Gegenwartssprache, also auch der Jugendsprache. "Sie ist eine soziale Gruppensprache", sagt er, "sie beginnt mit der Pubertät, in der man ein neues Sozial- und damit auch ein neues Sprachverhalten entwickelt, und sie endet meist mit Eintritt ins Berufs- oder Familienleben." Erwachsene sollten gar nicht erst versuchen, mit den Jugendlichen sprachlich Schritt zu halten. "In deren Sprachverhalten zeigt sich ihr Wunsch, andere Gruppen auszugrenzen und sich eine eigene Identität zu bilden", erklärt Wimmer. "Peinlich wäre es, wenn die Alten versuchen würden, wie wir zu reden", sagt auch Jessica. "Wie wir", damit meint sie ausschließlich ihre Freunde und Klassenkameraden, denn die Wörter, die für sie normal sind, müssen das nicht für all' ihre Altersgenossen sein. "Das kommt echt immer drauf an, wo man wohnt und auf welche Schule man geht", ist sich auch Christoph sicher. Der 16-Jährige geht auf ein Gymnasium in Wittlich und würde niemals "Alter" sagen. Dafür aber "Cheater" und "Lacker" - Begriffe, die er beim Computerspielen benutzt. "Jugendsprache ist immer schichtenspezifisch und nicht einheitlich", erklärt der Sprachwissenschaftler Wimmer, "und typisch ist, dass sich die Begriffe schnell verändern." Wie etwa bei "checken": Was vor rund fünf Jahren noch ein dem Englischen entnommener Ausdruck für "Verstehen" war, bedeutet heute für Christoph und seine Freunde das schnelle Herunterkippen eines Biers. "Jugendsprache lebt davon, dass Wörter einerseits überregional durch Medien wie Musik und die Popeventkultur aufgenommen werden, andererseits lokal oder regional durch Schule, soziale Schicht und Beruf geprägt werden", sagt Uni-Professor Wimmer. Insofern trifft ein deutschlandweites "Wörterbuch der Jugendsprache" nicht unbedingt den Kern dessen, wie die Jugendlichen in Trier und Umgebung reden. Begriffe wie "Achselfasching" (behaarte Achseln), "Blümchenkiller" (Vegetarier), "friedhofsblond" (grauhaarig) und "Cellulitezentrum" (Schwimmbad) rufen bei Jessica und Chrisoph einerseits Unverständnis und andererseits vor allem Gelächter hervor. Christoph ist überzeugt: "So redet keiner. Wir haben zwar unseren eigenen Slang, aber so krass ist der nicht." Und Jessica weiß auch, warum das so ist: "In dem Wörterbuch wurden Begriffe aufgelistet, die Jugendliche vorgeschlagen haben. Da wurde viel zum Scherz eingereicht, was nie von uns benutzt wird." Jugendsprache - AuszügeBrauereitumor - Bierbauch Ceranplatte - Glatze Faltenbügler - Schönheitschirurg Kopfgärtner - Friseur Labertasche - Handy Mafiatorte - Pizza Parmesanregen - Schuppen Speichelhockey - Zungenkuss Telen - telefonieren Zehentangas - Flip Flops Quelle: Pons-Wörterbuch der Jugendsprache 2007

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