Der TV präsentiert: Lieber Glitzer als brav

TRIER. Sarah Connor ist Deutschlands erfolgreichste Sängerin. Vor zwei Wochen wurde sie mit dem Cometen ausgezeichnet, am 5. November tritt sie in der Arena Trier auf. Der TV präsentiert das Konzert.

Untertreibung scheint unter den Musikern der neuen Neuen Deutschen Welle das Gebot der Zeit zu sein. Jeanette Biedermann und Yvonne Catterfeld geben mit ihren natürlich blond gefärbten Haaren und blass geschminkten Gesichtern die lieben Mädchen von nebenan. Auf die braven Namen Stefanie Kloß und Eva Briegel hören die Sängerinnen von Silbermond und Juli. Sie tragen schlichte schwarze T-Shirts und abgewetzte Jeans. Das soll so aussehen, als wäre ihnen Kleidung eher unwichtig. Wir-sind-Helden-Sängerin Judith Holofernes trägt zwar einen sorgfältig ausgedachten Künstlernamen, kokettiert aber stets damit, dass ihr das Künstlerdasein im Rampenlicht eigentlich eher unangenehm sei. Viel lieber wollen sie alle intellektuell wirken. So behaupten Juli auf ihrer Homepage gar, sie stünden "für die unerträgliche Leichtigkeit des Seins". Soso. Und alle Vier vergessen nur selten zu betonen, dass sie ja eigentlich gar nie erfolgreich werden, sondern immer nur Musik machen wollten. "Die anderen sind doch alle viel besser", stammelte Stefanie Kloß, als sie am vorigen Donnerstag den Cometen für den "besten Live-Act" entgegennahm Brav, bescheiden, blass eben. Sarah Connor stöckelte dagegen, gekürt zur "besten Künstlerin", im weißen Adidas-Glitzeranzug auf die Cometen-Bühne. Die Haare wasserstoffblond, die Fingernägel angeklebt, die Füße in silbernen High-Heels statt in gammligen Turnschuhen. In "Wetten dass" trug sie einst ein durchsichtiges Kleid, während der Einweihung der Allianz-Arena in München sang sie die Nationalhymne falsch, und bei ihrer Fernseh-Hochzeit war es ihr nicht zu schwülstig, dass Gatte Marc Terenzi auf einem Pferd gen Altar geführt wurde. Von all dem mag man nun halten was man will, aber eins kann man dem einzigen weiblichen deutschen Musik-Superstar nicht vorwerfen: unauthentisch zu sein.

Ehrlicher Proll statt falsche Bescheidenheit

Konsequent ist sie, und manchmal scheint es, als könne man ihr ihre Dickköpfigkeit - und Unabhängigkeit von der guten deutschen Bescheidenheit - ansehen: Wenn der gestylte Superstar den Kopf neigt und zum Mädchen aus Delmenhorst wird. Dann sind ihre Gesichtszüge plötzlich grob, die Wangenknochen zu groß, der Mund schief. Zu unperfekt für die Teilnahme an einem Casting-Wettbewerb. Aber den hat Sarah Connor auch nicht nötig: Wenn die 25-Jährige den Mund zum Singen aufmacht, ist sowieso klar, dass Untertreibungen fehl am Platz wären. Das Nordlicht hat eine Soulstimme, die neben den Stimmchen von Juli, Silbermond und Co. klingt wie ein Philarmonie-Orchester neben einer Blockflöte. Sarah Connors Stimme ist nicht so überzüchtet wie die der Oktavenakrobatin Maria Carey und nicht von solch innerer Kraft wie die von Alicia Keys, aber für einen "Hattrick" - drei aufeinander folgende Singles auf Platz eins der deutschen Charts - hat es sogar mit einer Baby-Pause dazwischen locker gereicht. Jetzt ist Sarah Connor auf großer Deutschland-Tour. Mit dabei ist der "Baby-Liner", ein 120 000 Euro teurer Wohnbus, damit Ehemann Marc und Sohn Tyler in der Nähe sein können. Ausgestattet ist der Luxus-Bus mit Ledergarnituren, riesigem Plasmabildschirm und einer Playstation für den Gatten. Ein Regal für Milan Kunderas "Unendliche Leichtigkeit des Seins" fehlt. Aber lieber ehrlicher Proll als falsche Bescheidenheit. Eintrittskarten zu dem Sarah-Connor-Konzert am 5. November in der Arena Trier gibt es in den TV -Pressecentern in Trier, Bitburg und Wittlich sowie unter der TV -Hotline 0651/7199-996.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort