Die Nummer gegen Kummer

TRIER. Das Kinder- und Jugendtelefon (KJT) des Kinderschutzbunds ist ein kostenloses und anonymes Gesprächsangebot für Kinder und Jugendliche aller Altersstufen. 40 ausgebildete Berater hören zu, geben Unterstützung und leisten Hilfe zur Selbsthilfe.

 "Kummer": Unter der kostenlosen Nummer 0800-1110333 finden Kinder und Jugendliche Hilfe bei Sorgen und Ängsten. Foto: Gabriela Böhm

"Kummer": Unter der kostenlosen Nummer 0800-1110333 finden Kinder und Jugendliche Hilfe bei Sorgen und Ängsten. Foto: Gabriela Böhm

Anne wird von ihrem Stiefvater sexuell missbraucht. Die 13-Jährige will sich ihrer Mutter anvertrauen - doch sie glaubt dem Mädchen nicht. "Wo finde ich Rat in meiner Situation?", fragt Anne verzweifelt. Lena hat Angst vor dem Zeugnis. "Wie bringe ich meinen Eltern die schlechten Noten bei?", sorgt sie sich. Jonas macht sich Gedanken über seinen Körperbau. "Ist mein Penis normal groß?", fragt sich der 15-Jährige. Laura weiß nicht, ob sie mit ihrem Freund schlafen soll. Mehr als 18 000 Anrufe

Alle anderen in der Klasse haben angeblich schon Erfahrungen mit der ersten Liebe, überlegt das Mädchen. "Soll ich dem Drängen meines Freunds nachgeben?", ist ihre Frage. Die Fälle sind alltägliche Beispiele von Sorgen und Nöten, mit denen die ehrenamtlichen Berater überwiegend von Pubertierenden konfrontiert werden. Von den mehr als 18 000 Anrufen wurden in Trier 5179 intensive Beratungsgespräche geführt. Die anderen Anrufe wie Scherz- und Schweigeanrufe oder Aufleger werden als erste Kontaktaufnahme gewertet. Seit 1985 gibt es im Kinderschutzbund das KJT. Es ist eines von mehr als 90 Kinder- und Jugendtelefonen in Deutschland. Fast fünf Millionen Kinder und Jugendliche jährlich wählen bundesweit die 0800-1110333: die Nummer gegen Kummer. Wählen sie die Nummer im Festnetz an, landen sie in der hiesigen Region beim Kinderschutzbund in Trier. Suchen sie per Handy die gleichfalls kostenlose Hilfe bei der Nummer gegen Kummer, werden sie an eines der gerade freigeschalteten Telefone in ganz Deutschland weiter geleitet. Vor zwei Jahren verzeichnete das Trierer KJT mit 21 500 Anrufen die meisten in ganz Deutschland. Ein Zufall? "Wir haben zwei Telefone frei geschaltet, das heißt, in zwei getrennten Räumen sitzen zwei Berater", sagt Projektleiterin Ursula Günther, die das Trierer KJT im Kinderschutzbund betreut. Die Beratung in Trier sei personell gut ausgestattet und zuverlässig gegeben. Außerdem seien die Beratungszeiten ausgedehnt. Ein halbes Jahr durchlaufen die ehrenamtlich arbeitenden Berater eine kostenlose Ausbildung, danach hospitieren sie ein halbes Jahr. Mit der Ausbildung verpflichten sie sich, für zwei Jahre zwei Stunden pro Woche den Beratungsdienst zu leisten. Fortbildungen und eine monatliche Supervision gehören zu der Aufgabe. Bankangestellte, Beamtinnen, Hausfrauen sind unter den Beratern - Männer sind Mangelware. Patentlösungen sollen die Berater bei den Anrufen nicht liefern. Gemeinsam werden Lösungsstrategien erarbeitet und die Anrufer in oft problematischen Situationen entlastet. Dabei werden auch weitere Beratungsstellen genannt, die weiterhelfen können. "Wenn der Anrufer es zum ersten Mal geschafft hat, sich anonym einer fremden Person anzuvertrauen, hoffen wir darauf, dass er auch weitere Hilfe annimmt", sagt Günther. Ratschläge, wenn gemoppt oder der Tod eines Angehörigen nicht verkraftet wird: Nicht immer sind es gleich dramatische Probleme. "Einer hat schon mal angerufen und wollte ein Rezept für einen Pudding", schmunzelt Günther. Klar, dass das KJT auch in diesem Fall weiter half. Das Trierer KJT nimmt Anrufe montags bis freitags von 15 bis 19 Uhr und samstags von 11 bis 16 Uhr unter der Nummer 0800-1110333 entgegen.

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