Erster Weltkrieg: Auf Zeitreise in Verdun

Trier/Verdun · Ein mächtiges Theater- und Multivisionsspektakel in einem alten Steinbruch bei Verdun erinnert ab dem kommenden Wochenende an die Schrecken des 1. Weltkriegs. 300 französische und deutsche Schauspieler wirken mit. Die Geschwister Turnus und Lavinia Tacke aus Trier gehören zu den Jüngsten von ihnen.

 Das Gemälde zeigt eine Szene im alten Steinbruch von Verdun. Genau an diesem Ort werden vom 20. Juni bis 26. Juli französische und deutsche Schauspieler mitwirken. Foto: Connaissance de la meuse

Das Gemälde zeigt eine Szene im alten Steinbruch von Verdun. Genau an diesem Ort werden vom 20. Juni bis 26. Juli französische und deutsche Schauspieler mitwirken. Foto: Connaissance de la meuse

Trier/Verdun. 350 000 Tote, 300 Tage und Nächte erbarmungsloser Stellungskrieg - die französische Stadt Verdun gilt als Sinnbild für die Brutalität und Sinnlosigkeit des 1. Weltkriegs. Freundschaft zwischen Franzosen und Deutschen war damals kaum vorstellbar. 100 Jahre später lebt ein Geschwisterpaar aus Trier vor, wie sich die Zeit geändert hat. Sie wirken als Darsteller mit bei "Des flammes … à la lumières" - "Von den Flammen … zum Licht". Diese spektakuläre Freiluft-Inszenierung über die Kriegszeit bei Verdun wird ab dem 20. Juni bis 26. Juli wieder Tausende Zuschauer in ihren Bann ziehen.

Turnus und Lavinia Tacke aus Trier werden ihren Einsatz als Statisten bereits bei der ersten Aufführung haben. "Ich habe davon in der Zeitung gelesen und wollte unbedingt, dass wir da mitmachen", erzählt der Zehnjährige begeistert im Gespräch mit dem TV. Mit seiner Mutter und seiner zwei Jahre älteren Schwester war er bereits für ein Wochenende zur Kostüm- und Spielprobe in der 18 000 Einwohner zählenden Stadt an der Maas. "Wir haben von 20 bis 24 Uhr geprobt, das war anstrengend."
Die Schwester, Lavinia, erzählt von schönen Kostümen aus der Belle Epoque-Zeit, die zu Beginn getragen werden. "Da gibt es eine Szene in der Schule und eine Marktszene. Wir müssen über den Platz gehen und interessiert schauen." Schwer fällt den jungen Trierern so etwas nicht, standen sie doch bereits im Stadttheater auf der Bühne, auch im Chor. In dem alten Steinbruch bei Verdun präsentieren 300 Schauspieler in insgesamt 900 Kostümen dem Publikum an jedem Abend im Zeitraffer, wie die Ereignisse der "schönen Epoche" bis zum Weltkrieg ineinander übergreifen.
An sechs Wochenenden und zwölf Aufführungen wirken insgesamt 550 Freiwillige mit. Die Zuschauer werden Zeugen des Lebens in den Schützengräben, in denen Soldaten aller Länder Kälte, Schlamm, erbitterte und oft vergebliche Kämpfe, Schmerzen und Tod erfahren. Pyrotechnische Spezialeffekte verstärken den Eindruck von dem Geschehen auf dem Schlachtfeld, in den Hospitälern und Dörfern.
Dort spielen zunächst nur die Kinder Krieg. "Wir bekommen dazu Holzgewehre und tun so, als würden wir kämpfen", sagt Taurus. Doch der wirkliche Krieg kommt auch im Schauspiel schnell und bringt Leid. Die Väter werden zu Soldaten. Die Zivilbevölkerung flieht, muss Häuser und Wohnungen verlassen.
Am Esszimmertisch in Trier blättern Turnus und Lavinia in den Prospekten über das Spektakel, deuten auf Bilder von Szenen, in denen sie am kommenden Wochenende mitwirken werden. "Hier sieht man gut, dass das Gelände wie ein Kessel angelegt ist", erklärt Turnus. "Und hier sitzen die Zuschauer", ergänzt Lavinia, deutet auf die Zeichnung mit der Tribüne für 2500 Sitzplätze.
380 000 Menschen sind in den vergangenen 18 Jahren zu dem monumentalen Schauspiel nach Verdun gekommen. Es wird bei jedem Wetter gezeigt. Schließlich konnten die Soldaten einst auch nicht bei schlechtem Wetter eine Pause einlegen. Die Handlung der Aufführung ist eingebettet in das Treffen dreier junger Menschen aus Frankreich, Belgien und Deutschland in Verdun. Es sind Nachkommen von Soldaten des Ersten Weltkriegs, die sich an das Leben ihrer Vorfahren während des Krieges erinnern und Fragen des Friedens diskutieren.
So endet die Zeitreise in dem ehemaligen Steinbruch und Munitionsdepot des 1. Weltkriegs in einer großen Geste. "Am Ende ziehen alle ihre Kostüme aus und symbolisieren mit den Fahnen der Länder ein vereintes Europa", verrät Lavinia Tacke, die an dem Probewochenende mit ihrem Bruder bei einer Gastfamilie wohnte. Paul, der elfjährige Sohn dieser Familie, wird im Steinbruch an der Seite von Turnus spielen. "Ich freue mich darauf, ihn wieder zu treffen", sagt dieser. Da spiele es auch keine Rolle, dass beide die Sprache des anderen noch nicht besonders gut beherrschen. "Wir verständigen uns mit Händen und Füßen, das funktioniert."
Extra

 Vorfreude auf das Schauspiel in Verdun: Turnus und Lavinia Tacke sind mit dabei. TV-Foto: Rainer Neubert

Vorfreude auf das Schauspiel in Verdun: Turnus und Lavinia Tacke sind mit dabei. TV-Foto: Rainer Neubert

Das Freiluft-Schauspiel "Von den Flammen … zum Licht" wird ab dem 20. Juni, jeweils freitags und samstags, bis zum 26. Juli in Haudainville, einem ehemaligen Steinbruch mit Kalköfen, gezeigt. Beginn ist nach Einbruch der Dunkelheit gegen 22 Uhr. Der Kern der etwa 80-minütigen Aufführung widmet sich den vier Jahren des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918. Im Mittelpunkt steht dabei die Schlacht um Verdun vom 21. Februar bis 18. Dezember 1916, bei der insgesamt zwischen 300 000 und 350 000 Menschen starben. Auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Verdun erinnern zahlreiche Gedenkorte an das Geschehen vor knapp 100 Jahren. Weitere Infos zum Schauspiel unter www.spectacle-verdun.com/de

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