Geschwister zwischen Liebe und Hass

NEUERBURG. "Brüderlich geteilt und schwesterlich betrogen": So geht es oft zwischen Geschwistern zu. Die Sozialpädagogin Claudia Assmann-Bach hat in der Neuerburger Begegnungsstätte "Eifeler Hof" mit Gästen über ihre Erfahrungen diskutiert.

 So haben Eltern es gern: Die Kinder spielen friedlich auf der Wiese. Leider fliegen zwischen Geschwistern oft die Fetzen. Dem können Eltern frühzeitig vorbeugen.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

So haben Eltern es gern: Die Kinder spielen friedlich auf der Wiese. Leider fliegen zwischen Geschwistern oft die Fetzen. Dem können Eltern frühzeitig vorbeugen.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

ClaudiaAssmann-Bach, selbst Mutter von drei Kindern und "das vierte Kindvon sechs", referierte beim Informationsabend nicht nur, sondernhörte auch zu. In einer Familie "sind die Brüder ewig am keilen",eine ältere Schwester war der "Mutterersatz für das Nesthäkchen"und bei einigen "klappt es überraschend gut". Wenn Eltern ein weiteres Kind bekommen, bringt das jede Menge Umwälzungen in der Familie mit sich. Das ältere Kind merkt, dass sich plötzlich nicht mehr alles um es dreht. Psychologen sprechen vom "Entthronungs-Schock", die Eltern von einer "Menge Arbeit mit den Kleinen". Dieser Schock ist auch die Ursache dafür, dass das ältere Kind wieder in eine Art Baby-Verhalten zurückfällt. Es möchte gestillt werden, nässt ins Bett, leidet unter Bauchschmerzen oder Schlaflosigkeit.

"Kinder sind begabte Detektive"

Das Kind ist enttäuscht darüber, dass das Baby nur schreit, schläft und man nicht mit ihm spielen kann. Teilweise zeigen Kinder dann auch ein aggressives Verhalten: "Das Baby soll hier nicht bleiben, ich möchte alles wieder so haben, wie es früher war." Das zuerst geborene Kind komme in seiner Entwicklung möglicherweise eine Weile nicht voran, "weil das Baby meistens sehr faszinierend wirkt", erklärte Assmann-Bach.

Eltern sollen ihr erstes Kind auf die Ankunft eines weiteren Kindes rechtzeitig vorbereiten, etwa mit gemeinsamen Überlegungen: Wohin wollen wir das Babybett stellen? Wie können wir das Zimmer schön dekorieren? "Lassen Sie das Kind an der Schwangerschaft teilnehmen", riet die Expertin. "Kinder sind begabte Detektive und spüren eine ganze Menge."

Bei einer guten Beziehung der Geschwister regeln diese vieles unter sich. Falls der Altersunterschied nicht zu gravierend ist, spielen Geschwister oft miteinander und bescheren so den Eltern eine Ruhepause. Geschwisterliebe kann niemals vorausgesetzt werden, sie entwickelt sich. "Die Art und Weise, wie das ältere Kind das Baby ansieht, berührt, mit ihm lacht oder auch weint, ist doch schon aussagekräftig", sagte eine Mutter. Das Kind kann helfen beim Wickeln, Feuchttücher reichen oder die Flasche geben. Auf diese Weise festigen die Eltern die Geschwisterbindung.

Geschwister lernen voneinander: lesen, rechnen, Schuhe zubinden, Rad fahren. Sie trösten und unterstützen sich gegenseitig, verbünden sich sogar gegen die Eltern, bilden die so genannte "Geschwister-Front". "Ein richtiges Vertrauensverhältnis wird nur aufgebaut, falls Eltern sich nicht zu stark einmischen", stellte Assmann-Bach fest. Nach einem Streit gilt es zu verzeihen und sich zu vertragen. Dabei helfen kleine Geschenke. Die Kinder lernen, mit Kompromissen zu leben. Wie bei den Erwachsenen auch führen zum Beispiel Launen zum Streit. Oft geht es um Rivalität: Jeder will der Liebste von Mama und Papa sein. Die natürliche Rivalität sollte aber nicht gefördert werden durch das Vergleichen der Kinder untereinander. Jedes Kind muss gelobt werden für seine Stärke.

"Am günstigsten verhalten sich die Eltern, die sich möglichst aus Streitereien der Kinder heraus halten", empfahl Assmann-Bach und verdeutlichte dies in dem kleinen Rollenspiel. Beide Kinder, gespielt von Elfriede Ademes und Hildegard Theis, wollten einen Katalog haben. Mit List und Tücke beeinflussten sie nach Kräften die Mutter.

Beim Streiten lernen die Kinder, eigene Grenzen und die der anderen einzuschätzen. Grundsätzlich sollte ein Wutanfall auch einmal toleriert werden, denn vielleicht ist er berechtigt. Teilweise macht den Kindern streiten ganz einfach Spaß. Eltern sollten sich nur dann einschalten, wenn sie mitbetroffen sind, wenn zum Beispiel Porzellan kaputt zu gehen droht oder die Auseinandersetzung zu eskalieren droht.

Besonders wichtig: Wer vorher die Konsequenzen für den Fall einer Regelverletzung bekannt gibt, hat dadurch die Grenzen abgesteckt. Dann haben Mama und Papa vielleicht ab und zu mal etwas mehr Ruhe in den eigenen vier Wänden, während die Kinder endlich friedlich miteinander spielen.

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