Glücklich allein zu zweit

TRIER. Der richtige Partner ist gefunden, Geld und Platz sind da. Doch der Kindersegen bleibt aus – ungewollt oder gewollt (siehe Kasten). Längst gehört Nachwuchs nicht mehr zwingend zu einem erfüllten Leben. Das beweisen Petra und Günter Grünewald. Um das Trierer Ehepaar geht es in der heutigen Folge der TV-Serie "Lebensformen".

"Hätten wir uns zehn Jahre früher kennen gelernt, wäre vielleicht alles anders gekommen." Günter Grünewald war 36, als er 1984 seine sechs Jahre jüngere Frau Petra heiratete. "Da war alles schon ein bisschen eingefahren", erzählt er. "Wir waren gewohnt, weg zu können, wann immer wir wollten." Hinzu kamen Bedenken, ob er geduldig genug sei. Und auch sein Alter erschien ihm zu hoch: "Ein Vater sollte mit seinem Kind noch Fußball spielen können." Petra Grünewald hätte sich damals ein Leben mit Kindern durchaus vorstellen können. Doch seit sie als sehr junge Frau schwer erkrankt war, standen ihre Chancen auf eine Schwangerschaft schlecht. "Ich habe mich deshalb nie auf Nachwuchs versteift." Die Eheleute ließen dem Schicksal seinen Lauf: "Wir wollten es so nehmen, wie es kommt." "Wir genießen unsere Freiheit"

Kinder kamen nicht. "Früher wurde ich oft darauf angesprochen", erzählt Petra Grünewald. "Es fiel mir manchmal schon schwer, darüber zu reden." Eine Adoption war für die Grünewalds nie ein Thema - genauso wenig wie ein Gang zum Reproduktions-Mediziner: "Da war man damals noch nicht so weit wie heute", berichtet Petra Grünewald. "Aber ich glaube nicht, dass wir das gemacht hätten." Die beiden waren ohne Kinder glücklich - und sind es bis heute. "Wir genießen unsere Freiheit", erzählt der 58-jährige Günter Grünewald. "Viel zu reisen zum Beispiel oder spontan schön Essen oder ins Theater gehen zu können." Sie pflegten einen großen Freundeskreis, fügt seine Gattin hinzu. "Das ist uns sehr wichtig." Mit Kindern hätte sie ihrem Beruf nicht so intensiv nachgehen können, sagt Petra Grünewald. Die Kinderkrankenschwester leitet die Station des Mutterhauses, auf der schwer und chronisch kranke Kinder betreut werden. "Meine Arbeit hat mir viel gegeben, und sie gibt mir immer noch viel." Die tägliche Konfrontation mit leidenden oder gar sterbenden Kindern habe ihren Lebensentwurf nicht beeinflusst, sagt die 52-Jährige. "Im Gegenteil, die kleinen Patienten geben mir viel Positives. Obwohl Kolleginnen, die Mütter sind, schon Ängste haben." Günter Grünewald hat als Betriebswirt bei den RWE gearbeitet, bevor er mit Anfang 50 vor der Wahl stand, Trier zu verlassen oder in den Vorruhestand zu gehen. Er entschied sich für die zweite Option. "Dass wir kinderlos sind, spielt keine Rolle"

Seither engagiert er sich, wo immer angepackt werden muss - und genießt es, überall dabei zu sein: bei den Heilig-Rock-Tagen, bei den Antikenfestspielen, bei der Konstantin-Ausstellung. "Das ginge so nicht, wenn zu Hause Kinder wären." Zusammen mit anderen Ehrenamtlichen und der Stiftung Lesen geht er regelmäßig in Trierer Schulen und liest mit den Kindern dort. "Das mag schon ein bisschen Ersatz für eigenen Nachwuchs sein", vermutet er. Das Thema ist also präsent? "Hin und wieder machen wir uns Gedanken, was wohl später einmal aus uns wird", erzählt Petra Grünewald. "Es wäre beruhigend zu wissen, dass jemand ein Auge auf uns hat, wenn wir alt werden." Von solchen Momenten abgesehen, genießen die Grünewalds ihr Leben allein zu zweit jedoch in vollen Zügen. "Dass wir kinderlos sind, spielt keine Rolle."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort