Gute Aussichten, geringes Gehalt

Ein Mann als Erzieher im Kindergarten? Viel diskutiert, genauso oft gewünscht und doch immer noch eine Rarität. Marcus Peik ist einer von zwei Männern in der Kita St. Adula in Trier-Pfalzel — Erzieher im Anerkennungsjahr und das aus Überzeugung.

 Vorlesezeit in der Mäusegruppe: Wenn Marcus Peik die Geschichte von den Weihnachts-Vorbereitungen bei Familie Maus vorliest, machen es sich die Mäusekinder auf dem Schoß des angehenden Erziehers bequem und lauschen aufmerksam. TV-Foto: Christine Cüppers

Vorlesezeit in der Mäusegruppe: Wenn Marcus Peik die Geschichte von den Weihnachts-Vorbereitungen bei Familie Maus vorliest, machen es sich die Mäusekinder auf dem Schoß des angehenden Erziehers bequem und lauschen aufmerksam. TV-Foto: Christine Cüppers

Trier. "Marcus, kannst Du mir das mal festkleben?", ruft ein Kind vom Basteltisch her. Aus dem Flur erschallt die Bitte: "Alle Flaschen sind leer. Marcus, holst Du mir neuen Sprudel?" Ein kleiner Junge macht gerade erste Erfahrungen mit dem Magnetismus und verkündet stolz: "Marcus, schau mal, das Messer bleibt an der Angel hängen!"Erstaunte Blicke beim Nennen des Berufs

Der Vielgefragte aus der Mäusegruppe in der Kindertagesstätte (Kita) St. Adula in Trier-Pfalzel lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Gelassen und liebevoll arbeitet Marcus Peik seine "Baustellen" ab und erzählt nebenbei noch über seinen Werdegang: Vom Werkzeugmacher und CNC-Programmierer zum Erzieher könnte der Kurztitel der Lebensgeschichte lauten. Bis vor rund sechs Jahren verlief dieses Leben ganz "normal". In seiner Heimat nahe Frankfurt am Main ging der gebürtige Hesse seiner Arbeit nach, fast 20 Jahre lang. Dann trat Anja in sein Leben, und mit ihr begann die Veränderung: Zunächst kam Sohn Jan Niklas zur Welt, später verschlug es die junge Familie nach Trier. "Für mich war von vornherein klar, dass ich mir die Elternzeit mit meiner Frau teile", sagt Marcus Peik, der schon in jungen Jahren, etwa bei der Jugendfeuerwehr im Ort, gerne mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet hat. Also blieb er zu Hause — als damals erster Mann in seiner Abteilung. Da liegt die Vermutung nahe, dass diese Premiere nicht ganz unschuldig war an der "betriebsbedingten Kündigung", die ihm in jener Elternzeit auf den Tisch geflattert ist. Als "Kunde" des Arbeitsamts betätigte sich der leidenschaftliche Papa nebenbei als Kinderbetreuer in einem Fitness-Studio. Freunde rieten ihm, doch Tagesvater zu werden. "Aber mit Blick auf meine spätere Rente entschied ich mich, aus der Freude an der Arbeit mit Kindern einen Beruf zu machen", sagt er. Zusammen mit sieben Männern und 75 Frauen startete Marcus Peik im Sommer 2005 seine Erzieher-Ausbildung. Die dauert normalerweise fünf Jahre, wurde für den erfahrenen Vater auf drei Jahre verkürzt. Zunächst stand die zweijährige Schulzeit an. "Seit dieser Schulzeit empfindet Marcus Peik "Respekt vor den allein erziehenden Frauen, die neben der Schule, dem Lernen und Arbeiten noch ein oder mehrere Kinder großziehen". Er selbst ist der "Hausmann" in der Familie, während seine Frau in Luxemburg "das gute Geld verdient". Das sei auch dringend nötig, da man als Erzieher definitiv zu wenig verdiene, um eine Familie ernähren zu können. Wohl ein gewichtiger Grund, warum es so wenige "Kindergärtner" gibt.Seit Sommer leistet Marcus Peik sein Berufspraktikum in der Kita St. Adula. Hier sind die Eltern bereits an einen "Mann im Haus" gewöhnt: Bastian Fett, 26 Jahre, hat vor zwei Jahren die männliche Pionierarbeit in der Einrichtung begonnen. Dennoch erntet auch Marcus Peik in seinem Umfeld bisweilen "erstaunte Blicke", wenn er seinen Beruf nennt.Dabei sei es für Mädchen wie für Jungen ganz wichtig, körperliche Nähe zu einem Mann erfahren zu können, stellt der 41-Jährige fest. "Zumal in einer Zeit, da die Kinder kaum noch männliche Vorbilder haben neben Batman und den Figuren aus dem Fernsehen", sagt Peik. Marcus Peik sieht sich da in einer großen Verantwortung. Nicht zuletzt aus diesem Grund beschäftigt er sich in seinem Abschlussprojekt mit "Geschlechtsspezifischen Erfahrungen". Im Juli 2008 wird Marcus Peik ausgebildeter Erzieher sein. Die Berufsaussichten seien in einer Zeit, in der der Markt größer werde, für Männer eindeutig besser, erläutert er mit einem Schmunzeln. Extra Erzieher sind im Raum Trier eine Minderheit. So arbeitet in keinem der vier städtischen Kindergärten Alt-Tarforst, Deutsch-französischer Kindergarten, Trimmelter Hof und Feyen ein Mann. Das Bistum Trier ist Träger von 550 katholischen Kindergärten. Dort sind nach Auskunft von Referatsleiter Binninger rund 5500 Erzieher beschäftigt, davon 50 Männer. "Tendenz steigend", sagt Binninger gegenüber dem TV. (c.c.)

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