Gute Onkels, Böhse Onkelz

TRIER. Die "Böhsen Onkelz" können sich so oft von ihrer Vergangenheit distanzieren - oder es versuchen-, wie sie wollen, sie bleiben äußerst umstritten. Jüngster Beleg: Ihr in den Charts erfolgreiches Album "Adios" wird nicht in jedem Laden verkauft.

Es ist Schluss. Noch ein Album, dann noch eine Abschieds-Tournee - und dann gibt es die "Böhsen Onkelz" nicht mehr. Sagen sie zumindest im Moment. "Adios!", haben sie ihr Abschluss-Werk sinnigerweise getauft. Ihrer Vorliebe für Mexiko und Hispanismen ließen sie bereits beim Album "Viva los Tioz" und dem Lied "Mexico" freien Lauf. Doch bei den Onkelz geht nichts ohne Aufruhr. So war das zu ihrer Anfangszeit, so ist es bei ihrem Ende. "Aufgrund ihrer Vergangenheit verkaufen wir die Platten der Onkelz nicht", erklärt Andrea Schmitz, Abteilungsleiterin Tonträger im Trierer "Saturn". Der Boykott ist keine deutschlandweite Vorgabe, die Entscheidung darüber obliegt den einzelnen Filialen. Mit ihrer Aussage erinnert Schmitz an die Anfangszeit der umstrittenen Rock-Gruppe zu Beginn der 80er-Jahre, als sie ausländerfeindliche Lied-Titel wie "Türken raus" und "Deutschland den Deutschen" fabrizierte und ein umstrittenes Album wie "Der nette Mann" auf den Markt warf, das 1986 wegen "pornographischer, nationalsozialistischer und gewalttätiger Tendenzen" auf den Index kam. Jetzt heißt es also "Onkelz raus" - aus manchen Plattenläden - statt "Türken raus". Viele Fans der Frankfurter Band können das nicht nachvollziehen. Gewandelt habe sich ihre Lieblings-Band, geändert, von der Vergangenheit distanziert. Als Beweis führen sie beispielsweise die Teilnahme der "Onkelz" bei "Rock gegen rechts" 1993 an."Wir haben aus unseren Fehlern gelernt"

Band-Chef Stephan Weidner sagte einmal zu den frühen Werken: "Die Texte waren eine Dummheit, aber seinerzeit eine Reaktion auf unsere Straßenerfahrung. Wir sind damals fast täglich mit türkischen Jugendgangs in Schlägereien verwickelt worden." Später ergänzt er: "Wir wissen, dass unsere Wandlung in der Öffentlichkeit auf Skepsis und Misstrauen stößt. Aber wir haben aus unseren Fehlern gelernt." Mehrfach befassten sich die "Onkelz" in ihren Liedern mit ihrem Wandlungsprozess. Nicht zuletzt auch in einer Zeile ihrer Abschieds-Hymne "Ihr hättet es wissen müssen": "Für alle und keinen - Wir sind am Ziel und mit uns im Reinen." Doch so einfach scheinen sie es sich nicht machen zu können. Immerhin stellte das Berliner Landgericht am 15. Mai 2001 bei einem Rechtsstreit zwischen den "Onkelz" und der Berliner Tageszeitung "taz" fest, die Titulierung der Band als "berüchtigt rechtsradikal" sei ein zulässiges Werturteil, da sie sich nicht hinreichend von ihrer rechtsradikalen Vergangenheit distanziert habe. Eine gute Grundlage also für den Saturn-Boykott, dem sich jedoch nicht alle anschließen. Der Trierer "Mediamarkt" verkauft "Adios". "Wir sind kein Stopp-Mechanismus. Wenn wir sie nicht anbieten, kaufen sich die Kunden die CD woanders. Wir merken schon, dass andere Geschäfte sie nicht verkaufen", sagt Elke Schmitz, Bereichsleiterin Entertainment. Habt Ihr auch eine Meinung zu den "Onkelz"? Dann schreibt sie an meinung@volksfreund.de

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