Härtetest für die Nerven

KONZ. Endspurt um die Versetzung: Kurz vor Schuljahresschluss werden die Schüler der 7d von der Realität eingeholt. Etliche müssen um ihr Happy-End bangen, andere können dem Zeugnis-Tag gelassen entgegen sehen.

 Noch einmal schuften für die Noten: Kim und Patrick mobilisieren ihre Reserven.Foto: Hans Krämer

Noch einmal schuften für die Noten: Kim und Patrick mobilisieren ihre Reserven.Foto: Hans Krämer

"Jetzt stellen wir erstmal die Tische zurück!" Lehrer Thomas Rendenbach muss nach der Fünf-Minuten-Pause gegen gewisse Auflösungs-Erscheinungen kämpfen, bevor er den Unterricht eröffnen kann. Zum Glück sind die offiziellen Standplätze des Mobiliars vorsorglich auf dem Boden markiert.Am Fenster fliegen immer wieder Wasser-Kaskaden vorbei - in der Klasse obendrüber scheint auch einiges los zu sein. Die Wochen zwischen den letzten Arbeiten und dem Zeugnistag gelten nicht umsonst als Härtetest für die Nerven von Schülern und Lehrern: An der Note lässt sich eh nix mehr ändern, aber die Ungewissheit nagt an der Psyche.Acht Mal Zittern um die Versetzung

Auf die Frage, wer denn fürchte, sitzen zu bleiben, recken sich acht Arme in die Höhe, manche entschlossen, andere eher zaghaft. Zwei Schüler haben schon Gewissheit: Weil sie bei der Wiederholung des Schuljahrs in eine praxis-orientierte "Arbeitswelt-Klasse" wechseln sollen, wurde vorzeitig über ihre Nicht-Versetzung entschieden. Für die anderen schlägt nächste Woche die Stunde der Wahrheit, bei der großen Zeugnis-Konferenz.Unterdessen macht sich bei dem einen oder anderen betrübliche (Selbst-) Erkenntnis breit. Manche derer, die zittern müssen, seien wohl schlicht zu faul gewesen, meint Michael. Er hat gut reden, gehört er doch zu den drei, vier Klassenbesten, die langsam Kurs auf das zehnte Schuljahr und die mittlere Reife nehmen."Man sollte nicht erst zwei Monate vor dem Ende anfangen, sich anzustrengen", sagt Patrick. Er hat sich erst so richtig reingekniet, als seine Eltern einen Brief von der Schule erhielten. "Man macht zu oft nur das Nötigste", räumt Meikel ein. "Wenn ich es diesmal packe, wird nächstes Jahr alles anders", schwört Miriam. Noch haben sie alle eine Chance, aber eine Zitterpartie wird es bis zum 18. Juli bleiben.Und wenn es schief geht? "Daran will ich gar nicht denken", seufzt Steffi. Mit Hausarrest bis zum Jahresende habe ihre Mutter gedroht. Auch die anderen Delinquenten haben ein mulmiges Gefühl, nur selten sagt einer, seinen Eltern sei es "egal, mit was ich nach Hause komme". Allerdings werden fast überall die Mütter als mögliche Verursacher des Zeugnis-Ärgers genannt. "Meinen Vater wickele ich notfalls schon um den Finger", sagt eines der Mädchen.Aber die meisten haben durchaus begriffen, dass es nicht nur um ihre Eltern geht. "Das wäre Scheiße für den Job", kommentiert Patrick, "nachher muss ich noch putzen gehen", fügt Steffi hinzu. Nadine kalkuliert eher cool: "Im neunten Schuljahr kommt's auf die Note an, bis dahin heißt es einfach nur Durchkommen".Mündlich und schriftlich "halbe-halbe"

Wer durchkommt und wer nicht, darüber entscheidet - neben der eigenen Leistung - letztlich der Lehrer. Thomas Rendenbach hält sich dabei nicht an den Noten der Tests und Arbeiten fest, die mündliche Leistung im Unterricht gewichtet er "halbe-halbe".Dabei fühlt sich manche(r) nicht immer pfleglich behandelt. "Ich komme nur dran, wenn ich nichts weiß", schimpft Sabrina. "Sie nehmen mich nur dran, wenn ich nicht aufzeige", pflichtet Fabian bei. "Und wie oft zeigst Du auf?", kontert Rendenbach - die Klasse lacht. Ganz so ernst war die Kritik offenbar nicht gemeint. Dennoch: Spannung liegt in der Luft, kleine Machtproben werden immer wieder eingestreut. Mancher packt demonstrativ Essen und Trinken aus, wenn der Unterricht nach der Pause wieder beginnen soll, andere schlendern aufreizend langsam zum Papierkorb.Lehrer Rendenbach schiebt ein Lernspiel ein, die Schüler sollen Substantive, Verben und Adjektive nennen, aus denen sie nachher eine Geschichte basteln müssen. "Ich hab' noch ein Verb: Geschlechtsverkehr", tönt es aus der Mädchenbank. Vom Lehrer auf die grammatikalische Unkorrektheit aufmerksam gemacht, wird das passende Tätigkeitswort in einer derben Sechs-Buchstaben-Version nachgereicht. Rendenbach ignoriert es mit routinierter Unaufgeregtheit. Noch zwei Wochen bis zum großen Finale. In der Klasse 7d scheinen alle die Tage zu zählen.Und nicht nur dort.

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