Immer schön locker bleiben

TRIER. Kinder sind vielen Einflüssen ausgesetzt, die Stress verursachen können. Wird er zu groß, treten Symptome wie unspezifische Bauch- und Kopfschmerzen, aber auch Antriebs- und Lustlosigkeit auf. Doch so weit muss es nicht kommen, wenn Anforderungen in vernünftigen Grenzen gehalten, oder Strategien zum Umgang mit Stress gelernt werden.

Stress ist ein Begriff, der hauptsächlich mit der Lebenswelt von Erwachsenen verbunden wird. Klar, dass ein Manager oder eine Mutter Stress haben - alles ganz alltäglich. Doch auch immer mehr Kinder sind betroffen. Verantwortlich dafür sei eine Fülle komplexer Anforderungen, sagt Stefanie Ahlke, Diplom-Psychologin und Kursleiterin des Präventivprogramms "Bleib locker" der Techniker Krankenkasse. "Da ist einmal das Riesenangebot an Freizeitaktivitäten, das kaum unverplante Zeit für spontanes Spielen oder Freunde lässt." Dazu komme Reizüberflutung durch Medien, zum Beispiel durch Kindersendungen, die mit schnellen Schnitten und grellen Farben selten Rücksicht auf den Entwicklungsstand ihrer Konsumenten nähmen. Erwartungen der Eltern sind Stressfaktoren

"Ein großes Thema ist die Schule, der Druck, gut sein zu müssen." Sozialer Vergleich (bin ich gut so wie ich bin?) sowie Erwartungen der Eltern, ihr Kind möge Ziele erreichen, die sie selbst nicht erreicht haben, könnten sich als Stressfaktoren auswirken. Häufig litten Kinder unter familiären Problemen wie Streit und Trennung. "Weil die Reflexionsfähigkeit bei Kindern noch nicht so ausgeprägt ist, wie bei Erwachsenen, äußert sich ihr Stress in körperlichen Symptomen." Bauch- und Kopfschmerzen, Übelkeit, Antriebs- und Lustlosigkeit können solche Überforderungssignale sein. Stefanie Ahlke rät Eltern, sie nicht nur ernst, sondern auch zum Anlass für Selbstüberprüfung zu nehmen. "Wo kann ich selber gelassener werden, Ansprüche zurück schrauben oder mich über vermeintliche Zwänge hinwegsetzen?" Den Kindern helfe es, wenn man offen über Stresssituationen rede, konstruktive Lösungsansätze für Probleme suche, Freiräume schaffe, Prioritäten setze oder sich einfach bewusst Zeit für schöne gemeinsame Dinge nehme. Sinnvoll seien auch präventive Stressbewältigungs-Trainings unter professioneller Leitung, die von Krankenkassen teils selbst angeboten, teils bezuschusst werden. "Geeignet sind diese Kurse jedoch nur für Kinder, die noch keine manifesten Probleme wie extreme Hyperaktivität oder Ängstlichkeit aufweisen. Mit letzteren sollte man Rat bei Ärzten oder Psychologen suchen", sagt Diplom-Psychologe Rainer Thielen. Er war für die AOK an der Konzeptentwicklung eines Entspannungsprogramms für Kinder beteiligt und ist selbst Kursleiter. In seinem, wie auch dem "Bleib locker" Kurs der TK, lernen Kinder vom 7./8. bis 10. Lebensjahr auf spielerische Weise, Stress zu erkennen, zu bewältigen und gezielt Entspannung herbeizuführen. Ein Mittel dazu sind Fantasiereisen: "Die Kinder entwerfen ihre eigene Insel, die niemand außer ihnen auf einem selbst ausgedachten Weg erreichen kann. Um dahin zu kommen, muss man ganz ruhig werden", beschreibt Thielen. Außerdem werden Elemente aus dem autogenen Training und der progressiven Muskelentspannung geübt, die die Kinder gezielt anwenden können. "Wenn die Kinder merken, dass sie einen gewünschten Zustand selbst herbeiführen können, sind sie stolz", sagt Rainer Thielen "und sie erfahren dadurch eine positive Orientierung, die sich günstig auf das Selbstwertgefühl auswirkt."

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