Kampf ums eigene Kind

TRIER. Seit fünf Jahren gibt es die Selbsthilfegruppe "Getrennte Väter" in Trier - nach Feiern ist den Mitgliedern nicht zu Mute. Zu sehr belastet die Männer die Trennung von den eigenen Kindern und die permanenten Auseinandersetzungen mit ihren Ex-Partnerinnen.

Alles war vorbereitet: Der Weihnachtsbaum stand, die Kerzen brannten und das Festtagsmenü brutzelte schon auf dem Herd. Auch die Geschenke für Marie lagen schon unter dem Baum. Für das Mädchen und seinen Vater sollte es das erste gemeinsame Weihnachtsfest werden, seit Maries Eltern sich getrennt hatten. Wie ein Schneekönig hatte sich Stephan auf diesen zweiten Weihnachtstag gefreut. Bis das Telefon klingelte und Maries Mutter mitteilte: "Du brauchst nicht zu warten. Sie kommt nicht, sie hat keine Lust."Der Vater wird diesen zweiten Weihnachtstag vor zwei Jahren nicht vergessen. So wie er seine Tochter nicht vergessen wird, die er seit damals nicht mehr gesehen hat. "Ich konnte einfach nicht mehr, diese ständigen Telefonate, Gutachten und Regelungen hatten mich völlig fertig gemacht", berichtet er. Auf das Besuchsrecht hat er seither verzichtet. Sich ständig als Bittsteller fühlen - Stephan war es leid. Unterhalt zahlt er weiter.In Frankreich droht Haft

Immer wieder hatte Maries Mutter versucht, die wenigen und kurzen Treffen von Vater und Tochter zu verhindern. Oft mit Erfolg. "Umgangsvereitelung" - in Frankreich drohen dafür Geld- und Haftstrafen.Bürgerhaus Trier-Nord, Dienstagabend: zehn Männer - wenige redselig, einige in Gedanken versunken - sind zum Treffen der Selbsthilfegruppe "Getrennte Väter" gekommen. Sie alle eint das Schicksal, von ihren Kindern getrennt zu leben. Dank dem gemeinsamen Sorgerecht können sie ihre Söhne und Töchter regelmäßig sehen. Theoretisch. Doch immer wieder vereiteln ihre Ex-Frauen den Umgang mit den gemeinsamen Kindern. Gerichte und Gutachter, Schikanen und Schmerz dominiert das Leben dieser Männer.Albert hat bereits zwei Suizidversuche hinter sich. Der 41-Jährige leidet unter schweren Depressionen. Seine Frau hat sich von ihm getrennt und die Kinder mitgenommen.Johannes sieht seine erst wenige Monate alte Tochter nur alle zwei Wochen - für vier Stunden. Erst vor kurzem trennte sich seine Frau von ihm und zog zu einem anderen Mann. Seither sieht Johannes das gemeinsame Töchterchen Elena nur jedes zweite Wochenende. Es sei denn, seine Ex-Frau entschließt sich kurzfristig zu einem Sonntagsausflug mit Kind und neuem Mann. "Eine Stunde vor Abfahrt hat sie mir Bescheid gesagt, was sollte ich da noch machen?", berichtet Johannes von einem Fall von Umgangsvereitelung.Ein Stammtisch von Frustrierten will die Selbsthilfegruppe nicht sein, doch Wut und Enttäuschung wollen sie schon rauslassen. Aus Erfahrung wissen sie, dass Mütter vor Gerichten und Gutachtern nach wie vor einen "riesigen Bonus" haben. "Väter werden als Versorger, aber nicht als Menschen angesehen, die einen wichtigen Beitrag zum Aufwachsen des Kindes leisten können", sagt Rainer Schnettler, selbst betroffener Moderator der Gruppe.Doch Selbstmitleid - das wissen auch die getrennten Väter - hilft nicht weiter. Intensiv setzen sie sich daher auch mit eigenen Fehlern und Schwächen auseinander. "Ich war ja kein Mann. Viel zu jung war ich damals und total überfordert als Vater", weiß inzwischen Stephan. In der Selbsthilfegruppe kann er das sagen, "weil man hier keinen Funken Ablehnung spürt", wie Gerwin meint. "In meinem Freundes- und Bekanntenkreis nerve ich ja nur noch mit meinen Problemen", sagt Holger und erntet dafür zustimmendes Nicken von allen Seiten.Offen und vertrauensvoll über die eigenen Probleme und Gefühle reden - das hat allen Mitgliedern in der Gruppe geholfen. "Hier hab ich wieder Kraft geschöpft", berichtet Holger. Stephan wurden vor allem Selbstzweifel genommen. Denn natürlich ahnt der 32-Jährige, was der nicht ganz freiwillige Verzicht auf sein Besuchsrecht auch für Marie bedeutet. Doch Stephan weiß auch, dass die ständigen Auseinandersetzungen mit seiner Ex-Frau verhinderten, dass er sich Neuem öffnete. So lebt er inzwischen wieder in einer "sehr glücklichen Beziehung und bezeichnet sich selbst als einen "ganzen Kerl". "Wenn auch mit etwas Traurigkeit im Herzen".Die Selbsthilfegruppe "Getrennte Väter" trifft sich alle 14 Tage im Bürgerhaus Trier-Nord; Telefon 0651/9951296.

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