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Heinos Haare sind vergilbt, seine unnatürlich weiß wirkenden Zähne reihen sich parallel zur tiefschwarzen Hornbrille. Seine Frisur ist betonfest zur Seite gescheitelt. Thomas hat für das Platten-Cover des Schlagerbarden kein Auge.

Der 31-Jährige kniet vor einer Kiste voll mit den schwarzen runden Scheiben, auf seinem T-Shirt prangt der Schriftzug der skandinavischen Rock-Band "The Hellacopters". Er sammelt Schallplatten "mit guter Musik und Hörspielen". Dafür ist der Umweltwissenschaftler mit Frau Sara und dem acht Monate alten Sohn Moritz zum Flohmarkt im Trierer Messepark gekommen. Platten, davon hat Thomas schon viele. In zehn Jahren brennt die Leidenschaft fürs Vinyl - da hat sich so einiges angesammelt "Ich habe rund 2000 bis 3000 Stück zu Hause." Allmählich wird es auch Thomas zu viel: "Irgendwann hat man einfach alle Platten." Außerdem sei die Wohnung nach der Geburt von Moritz mittlerweile zu klein - zumal auch Sara sammelt. "Ich mag Barbiepuppen und alte Gegenstände." Dafür reicht der jungen Mutter noch eine einzige Vitrine. Thomas besitzt eine riesige Regalwand. Während Sara erzählt, wird Thomas unruhig. Er signalisiert, die Suche nach den schwarzen Schätzen soll weitergehen. Der Blick schweift von links nach rechts, immer in Fußhöhe, die Verkäufer werden zunächst keines Blickes gewürdigt. An einem Stand eines Flohmarkt-Amateurs Mitte 40 steht eine alte Pappkiste voller Vinyl. Doch Enttäuschung: Zwischen Live-Alben der Black Fööss und einem von Richard Clayderman findet Thomas nichts. Nebenan ein Plattenhaufen, aus dem ihm Nana Mouskouri unter ihrer kolbigen Brille verklärt zulächelt. Auch "Maaamaaaa" Heintje ist dabei. "Den habe ich heute schon mindestens sechsmal gesehen", sagt Thomas. Die Plattensammlung ist Ausdruck einer verlorenen Zeit: "Der schönste Platz ist immer noch an der Theke", Scheiben voller gesammelter Herrenwitze, die neon-rosa-farbene "Formel 1 Hits 1986", Rex Gildo und der "Schlagercocktail" - die verblassten Farben der Cover erinnern sofort an Partys in Papis muffigen Partykeller. An einem weiteren Stand eine Kiste mit rund zwanzig Platten mit Weihnachtsliedern. Der Händler ruft: "Alles für fünf Euro." Thomas zuckt mit der Augenbraue und sagt: "Das hätte sich nur zurzeiten der Ölkrise gelohnt." Damals musste man bei einem Neukauf eine alte Platte zurückbringen.

Fündig wird Thomas schließlich bei einem Profi. Rocklegende Jimi Hendrix lässt er liegen, dafür greift er bei einer für ihn unbekannten Ostrock-Gruppe zu, für drei Euro. "Das könnte wehtun, denn ich kenne die Band nicht." Sein Limit: Maximal zwei Euro pro Stück. Für "Paternoster", eine österreichische Rock-Band, durften es aber auch schon mal 50 Euro sein. Bei Thomas merkt man, dass die Leidenschaft kaum Grenzen kennt. Am Ende beult sich sein Rucksack, fünf Schallplatten hat er gefunden. "Es könnte aber noch mehr sein."

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