Kinder brauchen Gerümpel

BERNKASTEL-WITTLICH. Selber mit allen Sinnen die Welt entdecken, so sollten Kinder lernen. Das ist die These des Diplom-Pädagogen und Diplom-Theologen Dr. Richard Wagner aus Rivenich. Damit dies gelingen kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Fertiges Spielzeug schätzt Richard Wagner in den Zimmern der Kinder nicht. "Da ist schon alles gelaufen", so seine Ansicht. Es gebe keinen Raum mehr für den kindlichen Forscherdrang. Selbst etwas tun, mit Materialien experimentieren und aus Fehlern lernen, dafür sollte seiner Meinung nach das richtige Umfeld geschaffen werden. Ideal ist, wenn Kinder für ihre Entdeckungsreisen einen Garten und damit "Natur-Spiel-Räume" zur Verfügung haben. Doch dies sollte, so Diplom-Pädagoge Wagner, kein sauberes Stück Wiese mit einer Rutschbahn, sondern ein eigener Raum zur Entwicklung der Sinne sein. Das sei in jedem Garten zu verwirklichen. "Die Hälfte des Gartens sollte den Kindern gehören", gibt er als Richtlinie vor. Das heißt, dass hier das "Chaos" zugelassen werden sollte und dieser Bereich auch klar von dem Bereich der Erwachsenen abgetrennt sein müsse. Ideal sei eine Hütte für Kinder. "Im Stil eines Hühnerstalls" empfiehlt Wagner, der auch schon in vielen Kindergärten der Region für ein kindgerechtes Außengelände gesorgt hat. Das Dach sollte keinen Regen durchlassen, damit die Kinder bei Wind und Wetter nach draußen können. Eine solche Hütte sollte dann noch mit allerlei "Dingen" ausgestattet sein. Dazu gehören aber keine fertigen Spielzeuge, sondern "normale" Haushaltsgegenstände wie Töpfe, Schüsseln, Eimer und auch Holz, Latten, Zweige oder Weidenruten. "Gerümpel ist eine Schatzkiste, aus der Kinder etwas machen", erklärt Wagner die Notwendigkeit verschiedenste Materialien anzubieten. Damit hätten die Kinder dann Gelegenheit, sie mit Phantasie und Erfindungsreichtum zu verwenden und sich ihre eigene Welt zu bauen. Wenn noch ein ausrangierter Herd dazu käme, wäre das optimal. Widerstandsfähige Stauden sind sinnvolle Bepflanzung

Darüber hinaus sollten in keinem Garten für Kinder folgende "Grundmaterialien" fehlen: Wasser, Sand und Erde. "Das Kind kann es immer mit seinen Ideen verarbeiten", so Wagner. Blumensuppe, Kuchenbacken, all das sind Dinge, die durch die kindliche Phantasie entstehen. Doch auch die Natur sollte Kindern in den "Natur-Spiel-Räumen" wie Richard Wagner sie nennt, entdeckt werden können. Widerstandsfähige Stauden schlägt er als sinnvolle Bepflanzung vor. Dazu gehören, nach Wagners Ansicht Pflanzen, die duften und sich auch als Tees weiterverwenden lassen, wie Minze, Salbei, Lavendel oder Melisse. Auch ein Hochbeet sei für Kinder geeignet. Hier könnten beispielsweise Radieschen pflanzen und ernten. Um einen solchen Garten auch sinnvoll nutzen zu könne, bedarf es aber auch der Begleitung durch Erwachsene, die den Kindern die Natur nahe bringen, sie aber dennoch selbst agieren lassen. Diese Ideen für einen kindgerechten Garten beruhen auf einem pädagogischen Konzept: Dabei sollte den Kindern nichts beigebracht werden, sondern ihnen die Gelegenheit gegeben werden, selbst zu lernen und zu entdecken. Mehr zum Thema "Natur-Spiel-Räume" in dem gleichnamigen Buch von Richard Wagner, erschienen beim Ökotopia-Verlag, Münster.

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