KOLUMNE

Wochenlang habe ich den wichtigsten Besuch des Jahres vorbereitet. Meine beste Freundin Mirijam kommt mit ihren drei Töchtern: zweieinhalb, sieben und acht Jahre alt. Selbst kinderlos, holte ich Rat ein, wo ich ihn kriegen konnte.

Jeden Tag ist nun ein neues Spiel geplant, kreativ und pädagogisch wertvoll. Der Fernseher soll mal eine Woche aus bleiben. Kaum ist der ersehnte Besuch da, kommt das erste lange Gesicht: Die mühevoll selbst bereitete Lasagne wird von der mittleren Tochter verschmäht: "Da ist Käse drin!” Zum Glück habe ich auch Instant-Nudeln und Fischstäbchen. Im Gegensatz zu meiner Freundin zeigen die Mädchen von Reisemüdigkeit keine Spur. Das neue Haus findet auch kein Interesse. Also beginnen wir heute mit der Straßenkreide. Glücklicherweise ist es trocken. Doch schon nach einer Stunde ist der Hof knallbunt und im Eimerchen nur noch ein paar Stummel zu finden. "Was sollen wir jetzt machen?” Das Softballspiel im Garten wird nach zehn Minuten mit langen Gesichtern abgebrochen. "Zu windig!" Angesichts des Fehlens jeglicher Brise vermute ich eher mangelnde Lust, etwas Neues zu lernen. Also packe ich die Ökoknete aus - die beschäftigt die Kleinen weitere 45 Minuten. Immerhin ist Mirijam nun ausgeschlafen und hilft mit, die Reste wieder in die Döschen zu packen. Sie grinst diabolisch, als ich mich später anbiete, eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Das Kinderbuch über Fairness und Freundschaft, das die ganze Woche reichen sollte, ist nach einer Stunde durch. Schon am zweiten Tag resigniere ich. Zumindest die Ausflüge zu den diversen Ruinen und Spielplätzen Triers finden Anklang. Ebenso wie hinterher das Kinderprogramm im Fernseher. Und die richtige Gute-Nacht-Geschichte ist auch schnell gefunden: Jeden Abend erzähle ich einen anderen Hitchcock-Film... Auch dass die Küche bis auf Augenhöhe gekachelt ist - was ich bislang zu steril fand - erweist sich bei der täglichen Malstunde während Mirijams Mittagsschlaf als geniale Idee des Innenarchitekten. Die Woche ist viel zu schnell vorbei. "Ich habe mich seit Jahren nicht mehr so gut erholt!”, frohlockt meine Freundin beim Abschied. Ich hingegen überlege während des Abschieds, ob ich erst den Großputz machen oder 48 Stunden schlafen soll. Sabine Brudny

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