KOLUMNE

Vorsätze sind ja bekanntlich so eine Sache, deshalb hatten wir uns für dieses Jahr nichts vorgenommen. Aber so billig kommen wir nicht davon! Denn gerade, wo wir uns munter und unvorbelastet in neuen 365-Tage-Trubel stürzen wollen, mahnen uns richtungsweisende Botschaften aus aller Nachrichtensprechermunde: Wir sollen in diesem Jahr Mozart und Rembrandt gedenken, die Fußball-WM feiern, selbst unsere mickrigsten Ideen in die Tat umsetzen und den Wirtschaftsaufschwung fördern.

Warum nicht? Uns ist das doch auf den Leib geschneidert! Mich zum Beispiel hat die im Jahreshoroskop belegte Sternzeichenverwandtschaft mit Manfred Krug und Wolfgang Amadeus Mozart sofort auf eine Idee gebracht: Musik hören! Pflichtschuldig entschied ich mich für ein Klarinettenkonzert des Klassikers (Entschuldigung, Manfred!). Doch die zeitgemäß jazz-rockige Komponente ließ nicht lange auf sich warten, denn auch mein Sohn hatte eine Idee: Gitarrenbegleitung! Meinem Mann fehlte leider plötzlich die Zeit für dieses innovative Klangerlebnis: "Ähm, ich muss los - nur heute gibt es einen Super-Funkkopfhörer im Angebot!" Dann platzte meine Tochter herein, um mir ein Skizzenblatt zu zeigen: "Wenn ich nur so malen könnte wie Picasso", seufzte sie. "Wie Rembrandt, liebes Kind! Picasso ist in diesem Jahr noch nicht dran", entgegnete ich. "Wer ist denn Rembrandt?" Ich erklärte es und sprach unvorsichtigerweise über die große Gedenkausstellung in Amsterdam. "Ultra! In Holland könnten wir sowieso mal wieder Urlaub machen." Als ich, beladen mit Prospekten, aus dem Reisebüro zurückkam, schallte mir entgegen: "Rote Karte, Manno!" Auf dem Fernsehbildschirm lief ein Fußballspiel - virtuell. Emmerling mit der Nummer 7 war gerade des Platzes verwiesen worden. Vor dem Bildschirm saß das Original, auf dem Kopf eine Kappe mit Fifa-Logo, am Arm ein Silikonband mit gleicher Zier. "Neu, vier Euro, ist aber auch ein echtes Lizenzprodukt!" Weil das Spiel für ihn sowieso gelaufen war, entführte mich Nummer 7 in sein Gemach: "Guck mal, ich habe mal alles ein bisschen umgeräumt." Während ich noch über schwarz-rot-goldenes Tuch an der Wand, WM-Wäsche auf dem Bett, einen Sportkalender über dem Schreibtisch und den zentral platzierten Rucksack mit Fifa-Logo staunte, rief es von unten: "Hallo, ich habe den Kopfhörer! Und Dir habe ich die Mozart Special Edition mit zehn CDs mitgebracht. Es gab auch noch tolle große Flachbildfernseher. Das wär' doch was für die WM!" Ich glaube, billig kommen wir dieses Jahr wirklich nicht davon - aber war da nicht auch was mit Wirtschaftsaufschwung?... Anke Emmerling In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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