KOLUMNE

Auf der Suche nach ganz einfachem Brot für meine Familie bin ich zum ersten Mal in der Filiale einer Backshop-Kette. "Also, das ist unser Krusti, das ist Fit-Aktiv, das ist unser Römerlaib und das unser Husarenweck", klärt mich die Verkäuferin zwar freundlich, aber mit einem Das-müssten-Sie-doch-wissen-Blick auf.

"Und das mit den Körnern da?", frage ich schüchtern. "Das ist natürlich unser Sonnenkorn", antwortet sie mit einem leichten Stirnrunzeln. Ich muss an den Ehemann in der Fernsehwerbung denken, der beim Einkauf mit seiner Frau unter hunderten Produkten nach irgendeiner Zahnpasta greift, um tadelnd belehrt zu werden: "Aber Schatz, hier, nimm Supradent, nur die hat doch die W1-Z22 Aktiv-Formel für blendend weiße Zähne." Der Mann hat's gut, der wird von einer in Verbraucherfragen kompetenten Begleiterin beraten und weiß nun, was er warum kaufen soll. Aber ich, ausgerechnet als Frau, habe immer noch keinen Plan. Nehme ich nun Krusti? Der Name passt, das Brot hat eine Kruste, aber was ist darunter? Husarenweck hat zwar nicht unbedingt die Form, aber vielleicht steckt ja ein Husar drin? Römerlaib nehme ich besser nicht, er könnte schon ziemlich alt sein. Fit-Aktiv rennt mir womöglich weg, wenn ich es anschneiden will. Ich frage also noch einmal die Backshop-Store-Managerin: "Ich suche einfach ein Brot mit Sauerteig und hohem Roggenanteil." Sie strahlt: "Ach, Sie meinen mit landfrischem Kraftkorn? Dann nehmen Sie doch unser Urback, das einzige übrigens mit rechtsdrehenden Aktivzellen." Gesagt, getan, und wieder was gelernt - ich werde doch noch zur modernen, aufgeklärten Verbraucherin! Selbstbewusst betrete ich die benachbarte Metzgerei, pardon, Gourmet-Theke, auf der Suche nach Kochschinken für Auflauf. "Das ist unser Sauerländer, das ist Farmerschmaus, hier unser Rodeogrillstück und da unsere Heidedelikatesse". Aha. Mein Hochgefühl weicht der Verzweiflung - ich will keinen Farmer, kein Rodeo und keine Heide in meinem Schinken! Höchstens Sauerländer käme in Frage. Das nämlich ist das einzige Etikett, bei dem ich auch ohne faulen Formelzauber weiß, was in welcher Qualität drin ist. Denn so einen habe ich schon - als Ehemann... Anke Emmerling In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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