KOLUMNE

Seit gut einem Jahr geht unser Sohn Luka jetzt in den Kindergarten. Alles, was früher gut war, ist jetzt "cool", und alles, was besonders gut ist, einfach nur "geil". Fährt im Beisein seiner Kindergartenkollegen ein schwerer Traktor vorbei, dann ist das cool, hängt an dem Traktor ein dreiachsiges, vier Meter hohes Güllefass, so ist das schlechtweg geil.

Fast jede Situation, jede Sache, die es verdient hat, lässt sich mit diesen Superlativen beschreiben, doch das Coolste und Geilste von allen Dingen, die er in seiner Umwelt wahrnimmt, bin ich, sein Vater. Mit einem Papa wie mir braucht er keine Vergleiche zu scheuen. Tut er auch nicht. Ist irgend jemand groß und stark, dann ist sein Papa "aber viel größer und stärker". Ich bin nicht nur größer und stärker, sondern trage auch größerer Schuhe, fahre ein größeres Auto und habe eine größere Bohrmaschine. Um es auf einen Nenner zu bringen: Ich bin einfach das Größte, sein Vorbild, die Personifizierung all dessen, was für andere unmöglich ist. Auch meine Frau scheint dies erkannt zu haben und spielt ernsthaft mit dem Gedanken, unserem Sohn ein lebensgroßes Starschnitt-Foto von mir in sein Zimmer zu hängen. Das wäre natürlich cool und geil zugleich. Zugegeben, nicht immer entspricht das, was er im Beisein seiner Spielkollegen von mir erzählt, den Kriterien objektiver Berichterstattung. Aber wenn ein Sohn in irgend einem Bereich seiner Erziehung Nachsicht verdient hat, dann hier. Natürlich genieße ich mein Halbgott-Dasein, mein Leben auf dem Thron, auf den mich mein Sohn gesetzt hat. So lange er noch steht. Denn an meinem Stuhl wird bereits kräftig gesägt von Lukas neuen Vorbildern: Benjamin Blümchen, dem alten Pettersson und dessen Kater Findus. Uwe Hentschel In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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