KOLUMNE

Es ist so weit. Der zweite Milchzahn unseres Sohnes wackelt. "Schau mal, Papa!" Mit sichtlichem Stolz präsentiert er an jedem Abend mit geübtem Griff den Fortschritt der bevorstehenden Trennung. Denn endlich wird er nicht mehr der Einzige in seiner Klasse sein, der beim Lachen eine lückenlose Zahnreihe präsentiert.

Bald darf auch er nuscheln wie all seine Freunde, deren Kauwerkzeuge sich bereits reihenweise verabschiedet haben, um den nachfolgenden Zähnen Platz zu machen. Sehnsüchtig hatte unser Siebenjähriger darauf gewartet, mit ihnen gleichzuziehen. Wir Eltern waren im Gegensatz dazu natürlich Stolz darauf, dass unsere besondere Fürsorge in Sachen Zahnpflege offenbar Früchte trägt. Nun ließe sich ein dickes Buch mit vielen Kapiteln darüber schreiben, dass es nicht eine der leichtesten Erziehungsaufgaben ist, Kindern die regelmäßige und richtige Mundhygiene beizubringen. Vorbild sein, das ist zwar wie bei allen pädagogischen Herausforderungen wichtig. Damit ist es aber bei Weitem nicht getan. Geschichten sind wichtig, von Prinz Wackelzahn und gemeinen Kariesmonstern, Spiderman-Zahnbürsten und Zahncremes in den abartigsten Geschmacksrichtungen, Geduld, Beständigkeit, besonders aber gute Nerven. Eine ganze Galerie von Klebebildchen in unserem Badezimmer, jedes für eine neue Tube, dokumentiert inzwischen jedes Kapitel des Romans "Wie ein Kind das Zähne putzen lernt." Aber alles wird gut. Und einschlägige Internetseiten bestätigen, dass der moderate Zahnverlust bei unserem Jan für Ungeduld keinen Anlass bietet. Demnach verlieren Kinder zwischen dem sechsten und achten Lebensjahr in der Regel die seitlichen Schneidezähne, zwischen dem siebten und neunten Jahr folgen die mittleren Schneidezähne, zwischen dem neunten und 13. Lebensjahr werden die Eckzähne ausgetauscht. Danach folgen bis zum 14. Geburtstag die Backenzähne. Alles im Plan also! Aber erzählen Sie das mal einem Siebenjährigen! Rainer Neubert

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