KOLUMNE

Wir haben schon so manches Mal ein wenig neidisch auf diejenigen geschielt, die, unterstützt von ihren in der Nähe wohnenden Omas, Opas, Tanten und Onkels, größere Projekte wie Hausbau oder Gartengestaltung wie im Fluge meistern.

Wir haben schon so manches Mal ein wenig neidisch auf diejenigen geschielt, die, unterstützt von ihren in der Nähe wohnenden Omas, Opas, Tanten und Onkels, größere Projekte wie Hausbau oder Gartengestaltung wie im Fluge meistern. Bei unserer Familie – eine überlastete Hausfrau, ein beruflich meistens abwesender Ehemann und zwei kleinere Kindern – gestalten sich Aktionen wie das Pflastern einer Hofeinfahrt zuweilen langwierig. Besonders dann, wenn es auch noch an passendem Gerät und entsprechendem Know-how mangelt. Auf das Glück der Unbefangenen bauend, nehmen wir die Herausforderung jedoch immer wieder an. Unsere Pflaster-Aktion vor dem Tor begann mit einem Spaten. Knapp 40 Quadratmeter Fläche mussten ausgehoben werden. Ein mitleidiger Freund, der dem Treiben nicht tatenlos zusehen konnte, lieh uns daraufhin einen Traktor mit Baggerschaufel. Als wir das Gefährt in Bewegung setzten, wussten wir noch nichts von den Tücken des Geländes. Der Traktor brach ein und rammte den Zaun. In der sonst so unbelebten Straße waren plötzlich viele Menschen unterwegs. Autos verlangsamten ihre Fahrt, zahlreiche Passanten hatten plötzlich dringende Wege ins Dorf zu erledigen. Darunter ein Nachbar, der uns erzählte, hier sei schließlich mal ein Tümpel gewesen: "Das hätte ich Euch vorher sagen können." Zur Entschädigung beriet er uns über das weitere Vorgehen. Ein anderer Nachbar gesellte sich hinzu, hatte aber gänzlich andere Ansichten bezüglich der nächsten Schritte. Ein freiwilliger Helfer, der uns mit Arbeitsgerät unterstützen wollte, brachte eine weitere Variante ins Spiel. Die Anzahl der Ratgeber wuchs und mit ihnen die Möglichkeiten. Die Chance einer Einigung sei mit einem Bierchen wahrscheinlicher, meinte einer aus der Gruppe. Fortan hatten wir immer eine Kiste Stubbi dabei. Etwas später stellten wir sogar eine Bank vor dem Grundstück auf. Die Baustelle wurde zum Treffpunkt, jeden Tag packten einige Helfer zu, und das Bier floss in Strömen. Bald hatten wir Mühe, das viele Arbeitsgerät seinen Besitzern zuzuordnen. Nach Wochen und dennoch viel zu schnell, wie alle Beteiligten fanden, wurden wir fertig. Im Pflaster sind nun viele Handschriften verewigt. Was auch blieb, war die Erkenntnis, im Zweifelsfall nicht nur das Glück der Unbefangenen, sondern doch eine "Familie" zu haben. Anke Emmerling

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