KOLUMNE

Mit den Eltern Urlaub machen ist für Teenager ab einem bestimmten Alter nicht mehr akzeptabel. Auch unsere mittlerweile sechzehnjährige Tochter erklärte ganz entschieden, dass Familienurlaub in Italien nun nicht mehr angesagt sei.

Kein Problem so eine Zeit lang ohne Tochter ist ja auch mal schön, und der Urlaub sei ihr gegönnt. Schließlich zählen wir ja zu den "coolen" Eltern, die dem Kind Freiheiten lassen. Ein Jugendreiseunternehmen ist schnell gefunden, drei Freundinnen wollen sich mit auf den Weg nach Lloret de Mar machen. Einen Tag vor der Abreise noch einmal gemeinsames Treffen von Eltern und Töchtern in unserem Garten. Alle möglichen und unmöglichen Gefahren werden den jungen Damen noch mal vor Augen geführt: ein klappriger Bus mit übermüdeten Fahrern, Terroranschläge - die elterlichen Fantasien schlagen Purzelbäume. "Kommt bloß nicht mit einem Tattoo oder einem Piercing heim!" "Kein Bungeespringen!". Genervtes Augenrollen bei den Mädchen. "Und meldet euch wenn ihr da seid." Peinlich sei es gewesen, erfahre ich im Anschluss an das Treffen. Am nächsten Tag geht es los. Zwei der Eltern fahren die Damen nach Koblenz, wo der Bus wartet, die anderen holen sie ab. Noch am selben Tag erfahre ich vom hinfahrenden Vater, dass der Bus durchaus solide gewirkt habe und auch zwei Fahrer eine sichere Fahrt vermuten lassen. Trotzdem, schlafe ich schlecht in der Nacht. Morgens der erste Blick auf mein Handy, ob denn schon eine SMS gekommen ist. Nichts. Auch beim Einkaufen wandert mein Blick im Fünf-Minuten-Takt auf das Display, immer noch keine Nachricht. Erst beim Heimkommen, die erlösende Kunde: Die Mädchen sind gut angekommen. Alles klar, jetzt können wir entspannen. Der Zustand hält allerdings nur zwei Tage an. Zunehmend nerve ich meine Mitmenschen mit der Frage, ob es wohl arg gluckenhaft ist, mal nachzufragen, ob denn alles in Ordnung sei. Am Tag drei der Reise schicke ich die erste SMS. "Alles in Ordnung, ist echt cool hier", lautet die prompte Antwort der wahrscheinlich genervten Tochter. Wieder bin ich zwei Tage tapfer und vermeide das Versenden von gluckenhaften Nachrichten. Doch dann muss es noch mal sein. Wieder eine prompte Reaktion, es geht den Damen gut. Die Tochter hat resigniert, die Mutter gewonnen: Von nun an schreibt sie täglich eine kurze Nachricht, um Mama daheim bei Laune zu halten. Ein paar Tage später folgt sogar eine Postkarte. "26 Grad nachts um vier", ist dort zu lesen. Diese Nachricht ist nicht gerade zur Beruhigung der mütterlichen Nerven geeignet: Nächtliche wilde Parties, vier Mädchen alleine auf dunklen spanischen Straßen unterwegs, verfolgt von finsteren Gestalten - ach wären sie doch schon wieder zurück! Der Urlaub neigt sich dem Ende zu, am Tag der Abreise in Spanien, der erste Anruf: Sie freut sich auf zu Hause, zwar nicht auf elterliche Betreuung aber auf ein sauberes ordentliches Bett. Immerhin. Noch eine unruhige Nacht und am Nachmittag sitzt unsere Tochter munter und wohlbehalten wieder bei uns, was für ein Glück! "Coole" Eltern - na ja, theoretisch schon, aber praktisch? Nora John In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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