KOLUMNE

E inen Tag, nur einen Tag solltest du mal mit mir tauschen und das erleben, was ich leisten muss." Da war er wieder, jener Satz, den sich Millionen Männer anhören müssen und das Ende der Gemütlichkeit am Frühstückstisch einläutete.

Seufzend faltete ich die Zeitung zusammen und antwortete mit einem maliziösen Lächeln. "Geht in Ordnung. Wie wäre es mit Muttertag?" Das war mit Sicherheit die falscheste Antwort, wenn man weiß, was ein Scheidungsanwalt heutzutage kostet. Doch angesichts unserer drei frühstückenden Kinder fiel die Antwort meiner Frau Claudia gemäßigt aus. "Als ob Muttertag eine Erholung für mich ist!" "Findest du es denn nicht schön, Frühstück ans Bett serviert zu bekommen?" Beifallheischend blickte ich zum dreijährigen Nicolas, der mich mit Nutella-verschmierten Mund angrinste, schokoladenfarbene Fingerabdrücke an Pullover und weißem Tischtuch hinterlassend. Das sah mal wieder nach einer Sonderschicht für Mamas Waschmaschine aus. "Das Frühstück im Bett war beim letzten Mal nur so lange schön, bis unsere drei Racker ins Zimmer gestürmt kamen und auf der Matratze rumgesprungen sind. Mein Kaffee ist mitgehüpft, und die Bettwäsche hat seitdem braune Tupfer.", erwiederte Claudia. "Aber die Kleinen haben dir dann Blümchen gebracht", versuchte ich Boden gut zu machen. "Das waren meine Lieblingstulpen, knapp unterhalb der Blüte abgepflückt aus meinem Lieblingsbeet", lautete ihr Konter. "Schatz, du bist undankbar", gab ich unser Rededuell schließlich auf. Das schien das Stichwort für Nicolas Zwillingsschwester gewesen zu sein. Michelles Ellenbogen hatte die Kraftprobe mit ihrem Becher gewonnen. Ein unachtsamer Schubs, und schon ergoss sich der milchige Inhalt auf Tisch und Boden, bis die mütterliche Hand sie aufwischte. Ich musste meinen Fuß anheben, damit sie auch dort saubermachen konnte. In der Zwischenzeit hatten die beiden Jungen einen Grund gefunden, sich lauthals zu streiten. Morgenruhe sieht wahrlich anders aus. Ich war froh, gleich auf die Arbeitsstelle flüchten zu können. "Weißt du, was für mich das schönste Muttertagstagsgeschenk war?", fragte Claudia, während sie den Lappen säuberte. Sie werden es ahnen, es war kein Frühstück am Bett, keine Pralinen, keine Blumen und auch kein Spülen für einen Tag. "Das schönste Geschenk war letztes Jahr, als du allein mit den Kindern zu deiner Mutter gefahren bist und ich in Ruhe daheim bleiben konnte." Frank Schmitt In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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