KOLUMNE

Rollentausch: Statt Familienkolumne-Stammautorin Anke Emmerling schreibt heute ihre 12-jährige Tochter Hanna: Neulich wollte ich an einem ganz normalen Abend mal Fernsehen gucken. So wie ich nun einmal bin, hatte ich alles gebongt; eine Chipstüte bereit gestellt, Limo aus dem Lagerraum geholt und mir meinen Lieblingssessel freigehalten.

Doch wie man so schön sagt: ‚Alles kommt anders, als man denkt', passierte es auch prompt. Kaum lief der Film zehn Minuten, klingelte das Telefon. Ich ging dran. "Ja, hier vom Volksfreund. Kann ich mal deine Mutter sprechen?", schallte es aus der Muschel, kaum, dass ich meinen Namen gesagt hatte. Direkt schwante mir nichts Gutes. "Mama!", brüllte ich, "Telefon für dich!" Im Laufschritt kam meine Mutter angetrabt. "Wer ist es?", fragte sie. "Dreimal darfst du raten!", knurrte ich und drückte ihr den Hörer in die Hand. Ich wette, jetzt kann sich jeder denken, was passiert ist. Nach nicht weniger als fünf Minuten kam meine Mutter ins Wohnzimmer mit den Worten: "Hanna! Mach schon mal den Computer an, die brauchen für morgen noch einen Text." "Und ich?", fragte ich, "Ich war zuerst da. Das ist voll fies! Kannst du nicht aufm' Laptop schreiben?", "Nee", sagte meine Mutter schon sichtlich genervt, "ich muss das dann auch noch wegmailen!" Wie das Schicksal es so wollte, saß Mama am Computer, ich lag maulend auf dem Bett, mein Bruder kickte draußen rum, und Papa war nicht da. Aber dann beschloss ich, doch noch meinen Spaß zu haben, drehte die Boxen voll auf und guckte an meinem Computer DVD. Ungefähr um 23 Uhr kam meine Mutter im Schlafanzug in mein Zimmer und knurrte: "Computer aus, Musik runter drehen und ab ins Bett! Sonst bist du morgen müde." "Boah!", dachte ich, und ging so geräuschvoll wie möglich ins Bad und ins Bett. Doch wie der Zufall es wieder wollte, war ich morgens um halb acht auf, meine Mutter hätte bis zehn geschlafen, wenn ich nicht gewesen wäre. Ein: "Wer ist morgen müde?", weckte sie. "Das ist mal wieder total typisch!", dachte ich noch, bevor wir frühstückten. In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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