KOLUMNE

F rauen haben Geheimnisse, die werden mir als Mann wohl ewig verschlossen bleiben. Etwa, was schön daran ist, sich auf einem Pferderücken den Hintern wund zu reiten. Oder warum Patrick Swayze so "süß" ist.

Ein My-sterium der Weiblichkeit habe ich jetzt jedoch entschlüsselt - den Frauenarzt. Und das kam so: Meine Frau Dorothée und ich sehen Elternfreuden entgegen. Als emanzipierter X-Chromosom-Träger bestehe ich darauf, die Schwangerschaft mindestens ebenso intensiv zu erleben wie meine bessere Hälfte. Also begutachte ich eifrig Kinderwagen, schwitze bei der Schwangerschaftsgymnastik und gehe mit zum Gynäkologen. Wir hatten uns im Wartezimmer verabredet. Mit portugiesischem Entdeckermut stürmte ich das Vorzimmer, wo mir eine junge Dame mit verständnisvollem Lächeln den Weg wies. Im Warteraum entdeckte ich meine sanft gerundete Angebetete zwischen Frauen mit stolzen 24-, 31- und 36-Wochen-Bäuchen. Auch einige Männer gewahrte ich; verstohlen tauschten wir Blicke aus. Durchhalteparolen. Zur Beruhigung griff ich mir einige Frauenzeitschriften. Während ich meine Kenntnisse in puncto Faltencremes auf den neuesten Stand brachte, geschah um mich herum Wunderliches: Eine Frau nach der anderen löste sich von ihrem Stuhl und schwebte zur Decke. Geistesgegenwärtig sprang ich auf und schnappte nach dem Fuß meiner ebenfalls schwebenden Frau, als sie mich am Arm schüttelte: "Liebling, wir sind an der Reihe." Schlaftrunken trottete ich hinter ihr her ins Behandlungszimmer. Was dort geschah - sei ein andermal erzählt. Für alle, die Einzelheiten wissen wollen: Macht selbst Babys! Hier nur so viel: Der Arzt schmierte Dorothée eine glitschige Masse auf den Bauch und fuhr mit einer Art Elektrorasierer so lange darauf herum, bis ein Bildschirm die Umrisse unserer werdenden Tochter preisgab. Mit einigen Aufnahmen des zukünftigen Erdenbürgers verließen wir kurz darauf selig die Praxis. Stolz, das Geheimnis des Frauenarztes unverletzt gelüftet zu haben, half ich Dorothée ins Auto. Später sahen wir uns, zu Hause auf dem Sofa sitzend, noch einmal die Ultraschall-Bilder unserer Tochter an. "Hast Du auch Lust auf ein Video?", fragte mich meine Frau: "Wie wär's mit Dirty Dancing?" Wortlos stand ich auf und holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank. Peter Hacker In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag. Das gleichnamige Buch mit 60 Kolumnen ist für 9,90 Euro in allen TV-Pressecentern erhältlich.

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