KOLUMNE

Alles eine Frage der Selbsteinschätzung. Das gilt auch in der Schule, besonders am Tag der Wahrheit - "Z-Day" - wenn es Zeugnisse gibt. Gestern war es soweit. Als Eltern eines Erstklässlers war es für meine Frau und mich eine Premiere.

Zwar gibt es in der ersten Klasse noch keine Zensuren. Dennoch war es spannend zu erfahren, ob wir Eltern mit unserer Einschätzung von den schulischen Fortschritten unseres Filius richtig liegen würden. Für Jan war es ein toller Tag. Nicht etwa, weil er gespannt auf das erste Zeugnis seines Lebens wartete. Nein, das interessierte den selbstbewussten Siebenjährigen eher wenig. "Ich bin gut in der Schule!", lautete im nun zurückliegenden Schuljahr fast immer die Antwort auf die mehr oder weniger insistierende Frage seiner Eltern, ob es denn nicht gut wäre, wenn er noch ein wenig mehr das Schreiben üben würde? Den Grund, warum Jan diesem Freitag so entgegen fieberte kennen wir alle: Endlich Ferien!!! Nicht etwa, dass die Schule eine wirkliche Last war. Ganz im Gegenteil, die brachte trotz einer Klassengröße von 28 Kindern dank einer engagierten Lehrerin und den vielen Freunden Spaß. Es war das frühe Aufstehen, das dem Nachkommen der von chronischen frühmorgendlicher Kreislauf-Anschubproblemen gestraften Erziehungsberechtigten doch sehr zu schaffen machte. Und natürlich waren da noch die Hausaufgaben... Nun wollten wir wissen, was Sohnemann selbst von seinem ersten Zeugnis erwartete? Große blaue Augen. Schweigen. Langes Nachdenken. Achselzucken. Nein, darauf wusste Filius keine Antwort. Wir Eltern hatten eine Vermutung, die sich als ziemlich treffend herausstellen sollte, an dieser Stelle allerdings nicht verraten wird. Jan war sich zumindest in einem sicher: "Da wird nicht stehen, dass ich der Schlechteste bin." Zumindest damit behielt er natürlich Recht. Rainer Neubert In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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