"Fast Nacht" ist es für uns nämlich immer dann, wenn das, wovon man schon das ganze Jahr wusste, dass es kommen würde, ganz plötzlich da ist: "Mensch, heute ist ja die Kappensitzung im Ort!" Und wir haben mal wieder kein Kostüm! Also ist es fast Nacht, beziehungsweise fünf vor Zwölf. "Warum haben wir nicht früher dran gedacht ?", frage ich meinen Mann. Als Antwort zeigt er das gleiche spitzbübische Grinsen wie jedes Jahr im Sommer, wenn wir feststellen, dass wir keinen Urlaub gebucht haben, aber gerne einen machen wollen, oder wenn wir merken, dass schon wieder Weihnachten ist. Es ist wieder soweit: Endlich darf seine Last Minute-Not-Kreativität wieder aufleben. "Fastnacht ist doch ein zusammengesetztes Wort. Wie wärs, wenn wir so einen Doppelbegriff umsetzen? Zum Beispiel Gesundheitsreform: Ich gehe am Stock, und Du nimmst ihn mir weg." Der Sohn ist begeistert: "Klasse Idee, Papa, ich gehe als Rockmusiker." Meinen Kostümvorschlag, im Rock Musik zu machen, findet er allerdings nicht so toll. Dafür hat die Tochter etwas passendes gefunden: "Wiedergeburt, so heißt doch übersetzt Renaissance. Ich will so ein Kleid." Bei näherer Eingrenzung wird aus Renaissance Barock und das Problem, den passenden Stoff zu finden, bevor noch der Schwenk zu "Mittelalter" kommt. Aber das wird erst zur Weiberfastnacht akut, bleibt noch die Frage: "Was machen wir Alten heute Abend?" Dummerweise stelle ich sie genauso meinem Mann, und der hat, nicht ohne dezenten Hinweis auf meinen gerade zurückliegenden Geburtstag, d i e Idee: "Ich verkleide mich als Gras, und Du bleibst, wie Du bist". Drei Augenpaare schauen ihn fragend an: "Hä?", tönt es? "Na, wir gehen als Gras-Hüpfer!" Anke EmmerlingIn unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.