KOLUMNE

Papa”! "Papa”! "Papaaaa Autoooo!” Papa antwortet nicht. Papa steht im Bad und fönt sich die Haare. "Papa! Auto.” Keine Reaktion. Jetzt reicht's. Nicholas sieht rot. Mit dem Autoschlüssel in der Hand, den er sich vom Wohnzimmertisch stiebitzt hat, watschelt er o-beinig Richtung Bad, reckt und streckt sich, bis er mühsam die Türklinke erreicht hat, und schmeißt sich mit seinem ganzen Gewicht von elf Kilo dagegen. Krachend fliegt die Tür auf und Nicholas stolpert hinein, den Schlüssel wie eine Trophäe hoch über den Kopf erhoben. "Papa, Papa! Auto!” - "Gleich Nicholas. Ich bin noch nicht fertig. Der Papa muss sich gerade noch fertig anziehen. Gleich fahren wir”, antwortet ein bereits ganz leicht genervter Vater. Gleich? Dieses Wort existiert im Sprachschatz des Eineinhalbjährigen nicht. Jetzt! Sofort! "Papa!” Das Gesichtchen ist jetzt puterrot vor Zorn, die Stimme erreicht Orkanstärke neun. Oh, Oh. Jetzt wird's Zeit. Sohnemann ist echt stinkig. Und was macht sein heiß geliebter Papa, der sonst immer sofort alles für ihn stehn und liegen lässt? "Mann, Nicholas, du nervst. Ich lass mich morgens nicht gerne hetzen.” Oh. Oh. Jetzt wird Papa echt stinkig. Ich verschwinde derweilen ins Wohnzimmer und amüsiere mich königlich. Heimlich natürlich. Denn nichts wäre jetzt schlimmer, als meine Schadenfreude öffentlich zur Schau zu stellen. Dann würde sich der Zorn der beiden auf mich niedersenken. Wenn Papa am Wochenende zu Hause ist, gebe ich großzügig Verantwortung ab. Überaus großzügig. Da kenne ich nichts. Da erlaube ich es mir, meine kleine Nervensäge auch mal zu ignorieren, in der Hoffnung, Papa werde sich schon ihrer annehmen. Was er meistens auch tut. Ich verkrümele mich dann auf den Balkon oder ins Schlafzimmer und schmökere in meinem Buch - ohne mitten im Satz aufspringen zu müssen, weil ich meine Zimmerpflanzen retten, die Klobürste zurück ins Bad oder tropfende Gießkannen wieder auf den Balkon bringen muss. Papa macht das schon. Nur eines kann er nicht leiden. Unter keinen Umständen. Nie! Hetze und Hektik am Wochenende. Dann wird er ungemütlich. Ich habe meine Lektion mittlerweile gelernt. Die Feinfühligkeit und Diplomatie meines Sohnes allerdings lässt da noch arg zu wünschen übrig. Ach, ja. Wollen Sie wissen, wie der Streit ausgegangen ist? Raten Sie mal. Verona Kerl In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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