KOLUMNE

Die Zeit reicht hinten und vorne nicht, Verpflichtungen ohne Ende, Hektik! Über derartig alberne Gründe, warum angeblich der übervolle Terminkalender daran schuld ist, sich nicht mit Freunden auf ein Glas Sekt treffen zu können, kann ich nur lachen.

Bei Anna und mir klappt die Pflege freundschaftlicher Beziehungen jedenfalls hervorragend. Schätzungsweise eine Stunde unterhielten wir uns neulich im Morgengrauen mit verquollenen Lidern und blaugefrorenen Lippen neben einem Reisebus. Nicht etwa, um einen gemeinsamen Kurztrip ohne die Familie zu starten. Sondern beim Abwarten, bis das Reisegepäck unserer Kinder für die Klassenfahrt endlich in den Bus passte. Smalltalk um halb acht - wenn das nicht ein konstruktiver Tagesbeginn ist? Weniger kommunikativ, dafür körpernah: ein gemeinsamer Besuch in der Kirche, damit unsere Kinder sich der Gemeinde vorstellen. Schön, Anna singen zu hören. Leider trennten sich unsere Wege gleich nach der Veranstaltung, weil diverse Fußball-, Basketball- und Kleidermarkttermine noch auf dem sonntäglichen Plan standen. Dafür sahen wir uns schon wieder 28 Stunden später an der Schule, als wir die Kinder abholten. Anna kurz im Profil, als sie mit dem Nachwuchs im Autofonds gen City rauscht. Weitere 45 Minuten später ein unvermutetes: "Du schon wieder?", und fallen uns freudig in die Arme. Eine fröhliche, fünfminütige Unterhaltung im Wartezimmer einer Kieferorthopädin beginnt, bei der unsere Töchter behandelt werden. Und sechs Einkäufe später ein herzliches Winken und nuschelndes "Schönen Abend noch", als wir uns zufällig im Parkhaus beim Bezahlen wiedersehen. Unsere Beziehung lebt also. Und wird auch weiterleben, wenn wir es uns bald bei mitgebrachten Kuchen in der Schule behaglich machen. Oder uns beim Musikvortrag der Kinder wiedersehen. "Sollen wir noch ein Glas Sekt zusammen trinken?", fragen wir uns kurz nach 23 Uhr. Nicht nötig. Wir sehen uns ja, wenn wir morgen früh die Kinder zur Freizeit fahren. Gabriela Böhm In unserer Kolumne "Familienbande" glossieren wechselnde Autoren den familiären Alltag.

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