Lieber schön als warm

TRIER. Bittere Kälte, Schnee, eisiger Wind: Trotz unangenehmer Temperaturen tragen viele Mädchen und junge Frauen auch im Winter bauchfreie Kleidung. Dass dies jedoch schwer wiegende gesundheitliche Folgen haben kann, ist vielen nicht bewusst.

Bauchfreie Mode ist bei vielen Mädchen und jungen Frauen beliebt. Im Sommer haben sie gut lachen, müssen aber im Winter frieren. Über mögliche Folgen des kalten Trends sind sie sich jedoch gerade in der kalten Jahreszeit nicht immer im Klaren.Fotos dpa 7.15 Uhr: Nebel, Sturm und beißende Kälte. Ein Wetter, bei dem man im Bett bleiben möchte. Die 16-jährige Eva muss zur Schule. Wie an jedem Morgen überlegt sie, welches Outfit sie wählen soll. Warm halten soll es, aber vor allem muss es stylish sein. Zwei Pullis stehen zur Auswahl: Ein riesiger, altmodischer Rolli, den Oma gestrickt hat, und ein schöner, aber auch sehr dünner Pulli aus dem angesagten Klamottenladen. Die Ästhetik siegt, Eva wählt den Feinstrick-Pullover. Er reicht ihr gerade einmal bis zum Bauchnabel. "Egal", sagt sie, "ich habe ja noch meine Jacke." Aber auch die angebliche Winterjacke liegt lediglich auf dem Ledergürtel ihrer Hüfthose auf. Eva ist kein Einzelfall. Überall tragen Mädchen und junge Frauen bauchfreie Pullis, Shirts und Oberteile, sei es in der Schule, in der Uni oder beim Einkaufsbummel in der Stadt.Mode mit Risiko

Und wenn der Pulli doch bis zum Hosenbund reicht, spätestens beim Hinsetzen rutscht er hinten hoch, so dass der halbe Rücken freigelegt ist. Die unbedachte Wahl dieser Bekleidung ist mit vielen Risiken verbunden. "Unbedeckte Körperstellen führen zu einer Unterkühlung des Körpers, wodurch die Immunität geschwächt wird und in Folge dessen Erkältungskrankheiten ausbrechen können", erklärt die Trierer Frauenärztin Doktor Agnes Lucas. Vor allem seien Frauen gefährdet, da solche Erkältungskrankheiten auch schlimmer ausarten können. Agnes Lucas: "Wenn die unteren Organe unterkühlt sind, kann dies eine Nierenbeckenentzündung oder eine Unterleibsentzündung fördern, was sehr schmerzhaft für die Betroffenen ist." Bei einer Nierenbeckenentzündung - im Fachjargon "Pyelonephritis" genannt - klagen die Erkrankten über hohes Fieber, Flankenschmerzen und schmerzhaftes, häufiges und erschwertes Wasserlassen. Die so genannte "Adnexitis", eine Entzündung im Bereich der Eierstöcke, ist eine langwierige Krankheit, die bleibende Unfruchtbarkeit zur Folge haben kann. Schuld an dieser Tendenz sind auch die Modemacher. Oft konzipieren sie ihre Winterkollektion nicht etwa für Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts, sondern beziehen beim Entwerfen der Mode hauptsächlich ästhetische Gesichtspunkte mit ein. "Die Pullis sind im Vergleich zum vergangenen Winter jedoch wieder länger geworden", sagt Anita Loskill, Inhaberin der Modeboutique L. A. Profashion in Trier. Durch Stars wie Filmschauspielerinnen und Sängerinnen, die mit den aktuellen Ugg-Boots und Parkern gewisse Trends gesetzt haben, sei es nun wieder wichtig, dass Kleidung wieder warm und kuschelig ist. Anita Loskill: "Sobald ich einen kürzeren Pulli zeige, erwidern die meisten Kunden, dass ihnen dies zu kalt sei. Viele tragen sogar mittlerweile unter ihren Pullovern einen Body oder ein Unterhemd." Als vor einigen Jahren die so genannten Hüfthosen die tailliert geschnittenen Hosen modisch abgelöst haben, hat die Modeindustrie offenbar noch nicht bedacht, dass im Gegenzug auch die Oberbekleidung länger werden müsste, um dieser jüngsten Entwicklung gerecht zu werden. Erst in diesem Winter habe man sich endgültig auf dieses Phänomen eingestellt. "Lediglich am Abend beim Ausgehen wollen die Kunden etwas Haut zeigen. Allerdings auch nicht mehr in dem Ausmaß wie früher", findet Anita Loskill. Es seien jedoch vornehmlich die jüngeren Mädchen, die nach wie vor zu der kurz geschnittenen Bekleidung greifen. Je älter die Kundinnen seien, desto bedeckter möchten sie sich anziehen.

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