Mit der Kraft der Arme durch den Matsch

Die Läuferschar staunte nicht schlecht, als Peter Müller beim Crosslauf in Ellscheid mit seinem Handbike zur Startlinie rollte. Der 29-Jährige benutzt das Fortbewegungs- und Sportgerät nicht nur auf der Straße, sondern auch im Gelände.

 Geglückte Premiere: Peter Müller aus Niederscheidweiler bewältigte die 4,6-Kilometer-Distanz beim Crosslauf in Ellscheid mit seinem geländegängigen Handbike. TV-Foto: Holger Teusch

Geglückte Premiere: Peter Müller aus Niederscheidweiler bewältigte die 4,6-Kilometer-Distanz beim Crosslauf in Ellscheid mit seinem geländegängigen Handbike. TV-Foto: Holger Teusch

Ellscheid/Niederscheidweiler. Bei großen Stadtmarathonläufen gehören sie zum gewohnten Bild, die Rollstuhlfahrer und Handbiker. Mit ihren aerodynamischen Rennmaschinen flitzen die Handicap-Sportler schneller durch die Häuserschluchten, als es sich Marathon-Weltrekordler Haile Gebrselassie jemals erträumen würde. Aber bei einem Crosslauf?"Warum eigentlich nicht", fragte sich Peter Müller. Der 29-Jährige ist seit einem schweren Motorradunfall im Juli 2003 querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gebunden - oder eben an sein Handbike. Aber um beispielsweise von seinem Wohnort Niederscheidweiler auf den Maare-Mosel-Radweg zu kommen, müsste Müller erst einmal mit dem Auto hinfahren. Zu umständlich! "Auf der Landstraße fahre ich auch nicht gerne", sagt Müller. Deshalb ist er seit rund einem Monat stolzer Besitzer eines in Österreich gefertigten geländegängigen Handbikes. Damit kann er von der Haustür über Feld- und Waldwege losfahren.Mit 42 Gängen über Stock und Stein

Müllers Gefährt besitzt wie ein Mountainbike grobstollige Reifen und eine 42-Gang-Schaltung. Das Besondere: Die Übersetzung wird nur an den Pedalen durch Wahl von drei unterschiedlich großen Zahnrädern festgelegt. An der Antriebsachse ist eine Narbenschaltung montiert. "Dadurch kann ich alle 42 Gänge benutzen, was bei einer reinen Kettenschaltung nicht möglich ist", erklärt Müller. Weiterer Vorteil: "Wenn ich im Berg einmal anhalten muss, kann ich zum Anfahren im Stand einen leichteren Gang wählen."Anders als seine Handbike-Kollegen bei den Stadtmarathons war Müller beim Crosslauf in Ellscheid langsamer als die Läufer. Das schwierige Gelände raubte auch auf der kurzen 4,6-Kilometer-Strecke Kraft. "Im Wald ging es vergleichsweise unproblematisch. Die Wiese war aber sehr holprig", erzählt Müller, wo die Schwierigkeiten lagen.Trotzdem möchte er auch in Zukunft auf geeigneten Strecken sein Handbike durch den Matsch steuern. "Die Strecken müssen so sein, dass ich überall allein durchkomme", schränkt er ein. Handbikefahren sei für ihn ein schöner Ausgleich zum Rollstuhl-Basketball beim RSC Trier: "Die Muskulatur wird gelockert. Ich habe weniger Verspannungen." Dreimal pro Woche jagt Müller dem orangen Ball hinterher. Ebenso oft versucht er - ganz anders als "Fußgänger" - seine Ausdauer zu trainieren. "Seit meinem Unfall interessiere ich mich für Dinge, die mich früher nicht interessiert haben. Konditionstraining habe ich damals nicht gemacht, nur Kraftsport." EXTRA Handbike: Bei den meist dreirädrigen Handbikes wird die Kraft wie beim Fahrrad mit Kurbeln, die mit den Armen gedreht werden, auf die Antriebsräder übertragen. Es gibt spezielle Renn- und Tourenbikes. Der Fahrer liegt oder sitzt im Handbike. Wegen des tiefen Schwerpunktes und der geringen Windangriffsfläche können mit Handbikes hohe Geschwindigkeiten erzielt werden. Die Fortbewegungsmittel sind auch für Personen ohne körperliches Handicap geeignet.

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