Mitgestalten statt verweigern

Die Kommunal- und Gebietsreform in Rheinland-Pfalz zieht sich weiterhin wie Kaugummi. Wenig zu spüren von Schwung, Elan und Veränderungswillen.

Nach der Kabinetts-Klausur setzt sich der Reform-Zug mit der Geschwindigkeit eines Pater nosters in Bewegung. Während links und rechts die Express-Lifts der wirtschaftlichen und der demografischen Entwicklung vorbeisausen.

Trotzdem: Bei aller Mainzer Zaghaftigkeit - wer allzu forsch reformiert, müsste sich ja auch fragen lassen, wie er es im eigenen Haus hält - kommt die Entwicklung, wie sie kommen muss. Die Bürger werden merken, dass sie sich pro 7000 oder 9000 Einwohner keine eigene Verwaltung mehr leisten können. Die Entwicklung der öffentlichen Finanzen wird den Erkenntnis-Prozess beschleunigen, schließlich müssen irgendwann die fröhlich verteilten Konjunktur-Pakete ja refinanziert werden.

Natürlich werden bis dahin unzählige Bürgermeister akribisch nachgewiesen haben, warum gerade ihre Zwerg-VG trotzdem unbedingt erhalten bleiben muss. Manchmal vielleicht sogar mit guten Argumenten. Aber es wird nicht viel nützen. Denn es geht nicht darum, gewachsene Strukturen in einem Akt von Staatsterrorismus zu zerschlagen - wie es bald aus manchen Buschtrommeln tönen wird. Es geht auch nicht darum, öffentliche Aufgaben in einem Akt von Kahlschlag dem Markt-Fetischismus zu opfern.

Es geht darum, in Zeiten knappen Geldes die öffentlichen Mittel für Lehrer, Erzieher, Sozialarbeiter, Berater einzusetzen. Und für Infrastruktur in den Schulen, im ÖPNV, im öffentlichen Raum. Aber nicht für Bürokratie. Mehr Dienstleister, weniger Ämter, so muss die Devise lauten. Denn Bürokratie hat die Tendenz, sich Aufgaben zu suchen. Nicht, sie zu erledigen.

Man wird staunen, was problemlos alles durch die Lücke ersetzt werden kann, die es hinterlässt. Und die Kommunalpolitiker, die das als Erste begreifen, werden am Ende am besten dastehen. Wer jetzt neue Konstellationen aus eigenem Antrieb sucht, der kann sie mitgestalten. In der Region Trier hat das zumindest die Neumagener Bürgermeisterin Horsch begriffen.

Aber wer seine Bürger jetzt in die Wagenburg drängt, wer sich hinter dem Status quo verschanzt, wer den Menschen suggeriert, an der VG- oder Kreiszugehörigkeit hänge ihre Identität, die es mit Zähnen und Klauen zu verteidigen gelte, der hat Gorbatschows Weisheit vergessen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

d.lintz@volksfreund.de

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