Mozarts Albtraum
TRIER. Keine Karnevalssitzung ohne Garde- und Showtänze: Wie bereiten sich die Mädchen auf ihre Auftritte vor, und was bewegt sie, ihre Freizeit für die Sitzungen zu opfern? "Szene" hat sich hinter den Kulissen des Trierer Karnevalsvereins Heuschreck umgesehen.
Freitag,21 Uhr, Europahalle: Auf der Bühne ist die zweite von insgesamtvier Heuschreck-Sitzungen dieser Session in vollem Gange.Jenseits des Trubels sitzt in der Garderobe ein Mädchen und liest"Effi Briest". Katharina Haupert wartet auf ihren Auftritt mitdem Heuschreck-Ballett. Bis dahin sind es noch gut zwei Stunden."Dann machen wir dir schon einmal die Haare", sagt WaltraudSchneider. Die 63-Jährige hilft seit neun Jahren hinter denKulissen. Auch Katharina ist schon länger dabei: Bereits im fünften Jahr tanzt sie beim Heuschreck mit. Angefangen hat sie im Kinderballett des Vereins. "Es macht mir jedes Mal großen Spaß", sagt die 15-Jährige. Ihre Freundin, Garde-Mädchen Christina Schardon, ergänzt: "Mittlerweile hat das Ganze schon Tradition. Ich kann mir nicht vorstellen, plötzlich aufzuhören." Die meisten Garde-Mädchen tanzen auch im Heuschreck-Ballett mit. Trainiert wird die Truppe von Birgit Müller. Als sie vor 14 Jahren das Ballettstudio ihrer Vorgängerin Marianne Hilger-Lee übernommen hatte, setzte sie auch deren Arbeit mit den Heuschreck-Tänzerinnen fort.
"Wenn ich das Motto der Sitzung weiß, überlege ich, wie ich das im Tanz umsetzen kann. Wenn mein Vorschlag vom Elferrat abgesegnet ist, wähle ich Musik und Kostüme aus", erklärt Birgit Müller.
Punk und Rokoko für die Hofnarren
Dann erst beginnt sie mit der Choreografie der Tänze. Das diesjährige Motto "Heuschreckliche Hofnarren" sei sehr inspirierend gewesen. Passend dazu hat sie für den Showtanz Kleider im Rokoko-Stil ausgewählt, zu denen die Mädchen als Kontrast eine hochtoupierte Punk-Frisur tragen.
Die Kostüme gefallen Tamina Kottmeier in diesem Jahr besonders gut. "Meine Mutter war bereits im Heuschreck-Ballett. Fotos von ihr haben mich neugierig gemacht", erzählt die Abiturientin, der die familiäre Atmosphäre im Verein gefällt. Jasmin Kürten ist zum ersten Mal mit von der Partie: "Ich wollte schon immer Gardetanz machen." Zwar habe sie vor den Auftritten Lampenfieber."Aber wenn ich am Tanzen bin, ist das weg", sagt die 15-Jährige. 22.32 Uhr öffnet sich die Garderobentür: "Seid ihr fertig?" Ein Fototermin für die Vereinszeitschrift steht an. Lisa Ludes schaut ein letztes Mal in den Spiegel. Dann flitzt sie mit den anderen 13 Tänzerinnen ins Foyer. Schnell verschwinden die Mädchen anschließend wieder in der Garderobe. Vor dem Auftritt soll noch kein Zuschauer die Kostüme sehen - damit der Überraschungs-Effekt nicht verloren geht.
Acht Proben haben die Show-Tänzerinnen hinter sich. Nach ihrem Auftritt bleiben sie noch auf der Bühne sitzen und hören sich die beiden letzten Büttenreden und das Gastspiel der Leiendecker Bloas vor dem Finale an. Lisa gefällt es, die Beiträge vom Bühnenrand aus zu verfolgen. "Man darf sich kaum bewegen und muss lange die Muskeln anspannen", findet hingegen Nina Passek. Doch auch sie will die Auftritte nicht missen. "Wenn das Publikum im Takt mitklatscht, feuert uns das an", erklärt die 15-Jährige, die beim Heuschreck eine Abwechslung zum klassischen Ballett findet. "Es ist schön, Applaus vom Publikum zu bekommen", sagt Jana Ludes. Auch für sie steht bereits jetzt fest: "Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei."
Der Auftritt rückt näher, einige Mädchen gehen noch einmal die Schritte durch. Dann erklingt im Lautsprecher die Stimme von Sitzungspräsident Harald Reusch, der "Fischers Maathes" angekündigt. "Danach sind wir dran", sagt Christina Reusch, die Tochter des Präsidenten. Das Ballett bewegt sich Richtung Bühne.
22.55 Uhr: Gespannt warten die Mädchen hinter dem Vorhang. Harald Reusch greift zum Mikrophon: "Meine Damen und Herren, und nun: Mozarts Albtraum."
