Nicht alles hineinpacken wollen

TRIER. Am Ende eines ausgefüllten Jahres sehnen sich viele Menschen nach einem friedlichen Weihnachtsfest. Doch unterschiedliche Erwartungen innerhalb der Familie machen ein Gelingen nicht immer leicht. Oft entzündet sich schon Streit bei der Frage der Gestaltung.

 Bei Geschenken sollten sich getrennt lebende Eltern absprechen. Sonst gibt es lange Gesichter.Foto: Anke Emmerling

Bei Geschenken sollten sich getrennt lebende Eltern absprechen. Sonst gibt es lange Gesichter.Foto: Anke Emmerling

"In die Feiertage wird oft all das gepackt, was man sonst im Jahr nicht tut", sagt Wolfgang Drehmann, Leiter der Lebensberatungsstelle des Bistums in Trier. "Familienmitglieder, die im normalen Alltag zum Beispiel getrennt voneinander fernsehen, sollen plötzlich zusammen singen oder spielen." Doch erzwungene, ritualisierte Kommunikation aus Harmoniebedürfnis heraus bewirke meistens das Gegenteil. Deshalb sollten alle Beteiligten schon vorher über ihre Vorstellungen nachdenken und in offenem Austausch Kompromisse suchen. "Dabei muss man jedem entgegenkommen, seinen Teil und seinen Freiraum lassen."Zusammensein klar begrenzen

Wenn ältere Jugendliche den Wunsch hätten, in der Disco oder mit Freunden zu feiern, sollten sie dennoch überlegen und vorschlagen, was sie für die Familie einbringen könnten. Die Eltern hingegen könnten anbieten, die Realisierung dieses Wunsches auf die Feiertage nach Heiligabend zu verschieben. Es sei ohnehin im Interesse eines spannungsfreieren Ablaufes, wenn das familiäre Zusammensein, auch der Feiertagsbesuch bei Verwandten, klar begrenzt würde. Die Gestaltung der gemeinsamen Zeit solle auf die Wünsche und das Alter der Beteiligten abgestimmt werden. "Kleine Kinder freuen sich über ein traditionelles Fest mit Zeit zu staunen", sagt Drehmann. Das sei eine Chance für Großeltern, die ebenfalls traditionellere Formen bevorzugten. Sie könnten den Enkeln Geschichten und Bräuche vermitteln. Eltern sollten Zeit einplanen, mit ihren Kindern das neue Spielzeug auszuprobieren. Dabei könne Kontakt, der im Alltag gelitten habe, wieder hergestellt werden. Um so wichtiger sei es, sich nicht mit üppigem Aufwand und perfektionistischem Anspruch zu stressen. "Ein Menu aus drei statt fünf Gängen reicht auch, außerdem können Aufgaben verteilt, und vieles könne vorbereitet werden." Wünsche nach Unterstützung sollten genau wie andere Wünsche und Sehnsüchte artikuliert werden. "Werden sie ungesagt auf Partner oder Eltern projiziert, droht Enttäuschung, wenn das Erhoffte nicht eintritt. Das gilt auch für Geschenke", sagt der Familientherapeut. Statt in einem solchen Fall aber einen Konflikt daraus zu machen, solle man dankbar das annehmen, was man erhalten habe. Weihnachten zögen viele Menschen Jahresbilanz: "Sind meine Wünsche und Vorgaben in Erfüllung gegangen?" Drehmann warnt, gleichzeitig Konsequenzen, wie etwa einen Bruch mit der Familie, herbeizuführen. "Das sind Fragen, die geklärt werden müssen, aber in Ruhe und nicht unter dem Druck dieses Zeitpunkts." Bei bereits getrennten oder neu zusammengesetzten Familien müsse Weihnachten besonders sorgfältig geplant werden. Kinder sollten dort feiern können, wo sie leben. Über Geschenke sollten sich die getrennten Eltern genau absprechen. Gleiches gelte für Treffen mit dem nicht mehr bei den Kindern lebenden Elternteil und den entsprechenden Großeltern. Auch auf die Vorstellung neuer Partner ausgerechnet an Weihnachten sollte verzichtet werden. Insgesamt rät Wolfgang Drehmann zu einem entspannteren Umgang mit dem Fest: "Man muss nicht alles hineinpacken wollen und kann sich ruhig ab und zu fragen: Warum Weihnachten, wenn wir das sonst auch nicht tun?"

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