Picheln für mehr Sicherheit

MORBACH-GUTENTHAL. Es ist kein Geheimnis: Autofahren und Alkohol passen nicht zusammen. Am eigenen Leib erfahren durften das nun zehn junge Menschen in einem "Trink-Test" im Bürgerhaus Morbach-Gutenthal.

"Ach, die paar Bierchen, was macht das schon?" Wer kennt die Sprüche nicht, mit denen vermeintlich trinkfeste Zeitgenossen sich immer wieder vorgaukeln, Alkohol übe keinerlei Einfluss auf ihre Fahrtüchtigkeit aus. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Am eigenen Leib durften zehn junge Menschen in Gutenthal erfahren, welche Auswirkungen schon eine geringe Menge Alkohol auf ihre Konzentration und Leistungsfähigkeit ausüben.Individuelles Modellprojekt

Der ehemalige Ortsvorsteher Roland Ehses hatte vor über einem Jahr das Projekt initiiert und Daniel Schäfer, den Ansprechpartner für Jugendliche bei der Gemeinde, samt Caritas und Polizei für eine Kooperation gewinnen können. Die Konzeption konnten sich die Organisatoren nirgends anlesen, sie mussten sie selbst ganz individuell entwickeln - deshalb die lange Vorbereitungsphase. Im Bürgersaal in Gutenthal geht es munter zu. Zehn junge Frauen und Männer probieren ihr Reaktionsvermögen mit und ohne Alkohol im Blut unter Polizeiaufsicht aus. Nach einem Workshop mit Suchtpräventionsberater Christian Thiel (Caritas) und einem informativen Gespräch mit den Polizeibeamten Günter Schmitz und Karl-Peter Günter wird es ernst: Nüchtern erfolgen die ersten Selbsttests an Fahrsimulator und am Reaktionsgerät im Nebenraum, dem "echten Altertümchen vom TÜV". Heute läuft so etwas digitalisiert. Hier ist noch alles ganz real: 200 optische und akustische Signale piepsen, brummen und leuchten unregelmäßig innerhalb von zwei Minuten auf, die prompt bestätigt werden müssen. Eiskalt zählt das Gerät die Kategorien zusammen: richtig, falsch, verspätet, vergessen. Danach folgen weitere Durchgänge, einer mit zwei Stubbis, der nächste mit vier Stubbis im Blut. Adam Richter kämpft gerade mit der Technik. Er legt bereits seinen letzten Durchgang hin. Vier Biere sind ihm inzwischen zu Kopf gestiegen, und die spürt er. Zwischendurch schimpft und flucht er, die Anstrengung steht ihm ins Gesicht geschrieben. "Ich musste mich jetzt viel mehr konzentrieren", erklärt er danach. "Mir kam es so vor, als hätte ich diesmal weniger Zeit gehabt." Keinesfalls würde er sich so noch ans Steuer setzen, sagt er nach dem Test. Abush Morgan und Dennis Dreher empfinden ganz ähnlich. Obwohl die objektiven Auswertungen gar nicht so gravierend schlechter sind als vor dem Trinken: Alles ist ungleich anstrengender. Nicht der erhobene Zeigefinger, auch nicht das "Heransaufen bis an die 0,5 Promille-Grenze" war das Ziel dieses Projektes. Suchtpräventionsberater Thiel erklärt: "Deshalb haben wir sie nach vier Bier auch nicht mehr blasen lassen." Der eigenverantwortliche Umgang mit Alkohol sollte möglichst realitätsnah geübt und ausprobiert werden, um die Sensibilität zu schärfen in Bezug auf die überall zugängliche Droge Alkohol. Zwar stellen die Teilnehmer an dem Projekt keinen repräsentativen Querschnitt durch die Bevölkerung dar, doch sie werden ihren Freunden sicherlich von ihren Erfahrungen erzählen. Und damit kann das Modellprojekt aus Morbach-Gutenthal Kreise ziehen, auch bis dorthin, wo keiner freiwillig auf Alkohol verzichtet, wenn er fahren muss. Übrigens: Nach Hause gebracht wurden die zehn jungen Leute von den Organisatoren höchstpersönlich. "Soll bloß keiner sagen, wir würden sie zum Trinken animieren und sie dann sich selbst überlassen", schmunzelt Daniel Schäfer. Noch zweimal werden sich alle Kursteilnehmer treffen: Zueinem Fahrsicherheitstraining in Koblenz und einer grundlichen Nachbereitung: Hat das Projekt Auswirkungen auf das Freizeitverhalten? Diskutieren sie mit ihren Freunden darüber? Halten sie sich an ihre guten Vorsätze? Sollten die Ergebnisse positiv sein, könnte der Versuch aus Morbach Modellcharakter bekommen für ähnliche Veranstaltungen.

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