Poeten leben im Kinderzimmer

Bad Kreuznach. (gms) Einmal einen Roman, eine Kurzgeschichte oder ein Gedicht veröffentlichen – davon träumt so mancher.

"Viele junge Menschen schreiben selbst Texte", berichtet Schreib-Coach Oliver Gassner aus Vaihingen. Talent ist dabei nicht alles: Texte zu Papier zu bringen, lässt sich lernen. Viele Schreibwerkstätten oder -workshops vermitteln Techniken, mit denen man sich verbessern kann. "Nicht jeder hat das Talent zum Schreiben, aber jeder kann sich weiterentwickeln", sagt Rüdiger Heins, Leiter des Instituts für Kreatives Schreiben (Inkas) in Bad Kreuznach. "Jugendliche sind so unvorbelastet, dass sie nur so sprudeln vor Fantasie." In seinen Kursen vermittelt Heins wichtige Grundtechniken: Eine überzeugende Idee und viel Spannung geben Geschichten die richtige Würze. "Man muss sich dabei für eine Erzählperspektive entscheiden, damit haben viele Schwierigkeiten", sagt der Experte. Handlungsorte sollten authentisch wirken. "Die Figuren müssen so lebendig sein, dass man sie sich genau vorstellen kann." Wer sich verbessern will, braucht Ausdauer: "Niemand sollte glauben, dass Schreiben keine Arbeit ist", sagt Gassner. Es sei wichtig, Distanz zum eigenen Text zu gewinnen. Denn ein geschriebener Text ist nicht gleich perfekt und muss meist mehrmals überarbeitet werden. "Ein Erfolg ist, wenn der Text den Zuhörenden und dem Autor danach besser gefällt." Wer seinen Schreibstil verbessern will, sollte viel lesen: Verschiedene Stile zu kennen und vielleicht auch einmal zu imitieren, fördert die Entwicklung. Auffällig ist nach Ansicht der Experten, dass das Schreiben eine Mädchendomäne ist. "Aber es gibt immer wieder Jungs, die für eine Überraschung gut sind", beobachtet Gassner. Wichtig ist es in jedem Fall, viel und regelmäßig zu schreiben. Es gibt zahlreiche Übungen für das kreative Schreiben. Lesen verbessert den Schreibstil

Nur einige Beispiele: Man nimmt sich eine Werbepostkarte und versucht, die abgebildeten Elemente in einer Geschichte zusammenzuführen. Oder man schlägt ein unbekanntes Buch auf, schreibt den ersten Satz ab und setzt die Geschichte dann selbst fort. Auch das Schreiben eines Dialogs von zwei Möbelstücken aus verschiedenen Zimmern einer Wohnung erfordere viel Fantasie, erklärt Gassner. Und das Schreiben über ein Musikstück kann Kreativität wecken. Nicht einfach ist folgender Versuch: Mehrere Namen und Wörter ohne erkennbaren Zusammenhang müssen innerhalb kurzer Zeit sinnvoll in eine Geschichte eingebaut werden. "Es entstehen oft verblüffende Texte", sagt Gassner. Schreiben fördert die Persönlichkeitsentwicklung. "Damit kann man sich selbst verwirklichen", sagt Ronald Richter, der in der Berliner "textgalerie" Schreibkurse anbietet. Texte zu verfassen, sei eine gute Möglichkeit, Erlebtes besser zu verarbeiten. Gassner rät, sich statt eines Familienmitglieds als Zuhörer lieber eine neutrale Person zu suchen. Mit eventueller Kritik muss man umgehen lernen. Für Autorin Ronald Richter ist aber vor allem eines entscheidend: "Man sollte sich niemals entmutigen lassen."

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