Tipps von der Expertin

Diplom-Psychologin Sarah Mocanu arbeitet an der Universität Trier am Lehrstuhl von Professor Wolfgang Lutz, der zuständig ist für klinische Psychologie und Psychotherapie. Im Experten-Interview steht sie Rede und Antwort zum Thema Herbstdepression.Gibt es so etwas wie Herbstdepressionen, und wie kann man erklären, dass sie in der kalten Jahreszeit auftreten?

 Psychologin Sarah Mocanu Foto: privat

Psychologin Sarah Mocanu Foto: privat



Sarah Mocanu: Die Herbstdepression wird auch Herbstblues genannt. Bei stärkerer Ausprägung nennen Psychologen das Phänomen saisonal abhängige Störung (SAD). Erstmals erwähnt wurde es 1984 von Robert Rosenthal, unterscheidet sich hinsichtlich ihres Erscheinungsbildes nicht von der "normalen" Depression. Typische Krankheitszeichen sind gedrückte Stimmung, mangelnde Unternehmungslust, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und Verlust von Selbstvertrauen. Darüber hinaus kann es zu Schlafstörungen kommen und die Lust am Sex verloren gehen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Ursache für die Erkrankung ist unklar. Es werden der Lichtmangel in der dunklen Tageszeit, Störungen des Hirnstoffwechsels und psychische Ursachen diskutiert.

Als Auslöser wird die Abnahme an Tageslicht in der dunklen Jahreszeit - ab September bis November - angenommen. Es wird eine Abnahme der Konzentration des Hormons Melatonin im Körper vermutet. Zwischen Februar und April bessern sich die Symptome. In südlicheren Ländern tritt die Störung seltener auf.

Haben Sie als professionelle Psychologin Tipps für Menschen, die an herbstlicher Melancholie leiden?

Sarah Mocanu: Beobachtet man den Verlauf über mehrere Jahre, sollte man zunächst den Hausarzt aufsuchen und ihm seinen Verdacht mitteilen. Bei stärkerer Ausprägung ist auch ein Gang zum Psychotherapeuten oder Facharzt sinnvoll.

Was halten Sie von Strategien wie Sonnenbankbesuchen oder Lichttherapien gegen Depressionen?

Sarah Mocanu: Lichttherapie wird auch in psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken eingesetzt, um den Mangel an Tageslicht auszugleichen. Es werden täglich einige Minuten vor einer Tageslichtlampe verbracht, die Wirkung setzt nach knapp einer Woche ein. Allerdings streiten sich auch hier die Geister, in wieweit es sich um einen Placebo-Effekt handelt. Besuche der Sonnenbank sollten zum Schutz der Haut nicht übertrieben werden, können aber einen ähnlichen Effekt nach sich ziehen wie die "Phototherapie".

Gibt es eine Möglichkeit, der herbstlichen Depression im Sommer vorzubeugen?

Sarah Mocanu: Die Tipps zur Vorbeugung einer Depression sind: Angenehme Aktivitäten durchführen, regelmäßig Sport treiben, der Spaß macht, Hobbies pflegen, Freundschaften pflegen, nicht rauchen und vor allen Dingen sich gedankliche Strategien überlegen, wie man destruktiven Gedanken zu Leibe rücken kann.

Kurzum: Die positiven Bereiche des Lebens sollten betont und die eigenen Ressourcen und Stärken genutzt werden. Generell gilt: Wenn die Lage ernst ist und es einem schlecht geht, sollte man nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wie kann man im Job oder in der Schule gegen Motivationslöcher wegen Herbstdepressionen vorgehen?

Sarah Mocanu: Wichtig ist es, sich regelmäßige Auszeiten zu nehmen, Pausen zu machen, in denen man gerne auch einen Spaziergang im Freien machen kann, die Freizeit nicht zu kurz kommen lassen. Eventuell einen Urlaub für die Winterzeit einplanen - warum nicht mal den Jahresurlaub auf diese Zeit legen?

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