Üben auf der Schweinehaut

BITBURG/BERNKASTEL-WITTLICH. In Tatoo-Studios sind flinke Nadeln Grundlage des Geschäfts. Wer eine Tätowierung haben will, muss sich das ganz genau überlegt haben. Sonst wird er nach Hause geschickt.

Die Nadeln surren und der etwas angespannte, aber auch erwartungsvolle Blick eines Mannes schweift über die Hand des Tätowierers. Ein riesiger Drache erstreckt sich von der Schulter des Mannes bis zu seinem Unterarm. Die Farben leuchten noch ganz frisch und bald ist die fünfzehnstündige Arbeit endlich beendet. Etwas müde, aber glücklich zeigt er seinen neuen Körperschmuck, der nun ein paar Wochen mit Cremes und einem Pflaster heilen muss. Eine blonde Frau sucht sich gerade mit leuchtenden Augen ihr Wunschmotiv aus und fiebert schon dem großen Tag entgegen. "Meistens wird das Bild mit einer Schablone zuerst auf die Haut geklebt und dann tätowiert, jedoch gibt es auch künstlerische Arbeiten, die keine Vorlage benötigen", sagt Dave Hufer, Besitzer des "Classic Tatoo" in Bitburg. Er und seine beiden Mitarbeiter sind mit Elan und Erfahrung dabei. Entfernen ist schmerzhaft und teuer

Da man als Tätowierer sehr viel Verantwortung hat, übte jeder von Daves Team erst eineinhalb Jahre auf Schweinehaut, um Gefühl für die verschiedenen Nadeln, Maschinen und Farben zu bekommen. "Mein erster Kunde war mein Bruder, und er war sehr zufrieden", scherzt einer der Mitarbeiter. Die Tätowierer haben Freude bei der Arbeit, jeder Kunde wird individuell beraten. "Wer sich allerdings nicht sicher ist mit seiner Entscheidung für ein Tatoo, wird konsequent zum Nachdenken nach Hause geschickt", sagt Dave entschlossen. Jeder Mensch solle sich darüber im Klaren sein, dass ein Tattoo nur durch schmerzhafte Operationen oder teuere Laserbehandlungen wieder zu entfernen ist. Das berühmte Biotatoo sei leider eine fatale Lüge, "denn alle Motive die mit Farbe tief in die Haut gestochen werden, bleiben für immer und niemand sollte mit dem Glauben leben, seine Körperbemalung bleibt nur für ein paar Monate". Anfangs war es für Dave in der provinziellen Eifel eine harte Zeit. Doch durch gewissenhaftes Arbeiten und sein sauberes Studio eilt ihm sein guter Ruf heute bis weit über die Grenzen voraus. Auch aus Holland kommt mittlerweile Kundschaft. "Bei mir werden die sterilen Nadeln erst kurz vorm Stechen aus der Verpackung genommen, und ich achte genau auf Sauberkeit im Studio", meint Dave. Egal, welche Farbe oder welches Motiv, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, und alle Ideen werden umgesetzt. Kreativität und eine gute künstlerische Ader sind in diesem Metier besonders wichtig. Einzige Voraussetzung, um sich tätowieren zu lassen: Man muss mindestens 16 Jahre alt sein, unter 18 muss die Einverständniserklärung der Eltern vorliegen. "Unter sechzehn läuft bei mir nichts", sagt Dave streng. Zurzeit gehören Tribals - geschwungene, netzartige Symbole - an Steißbein, Oberarm, Knöchel oder Bauch zu den beliebtesten Motiven. "Denn an diesen Stellen kann man es mit Kleidung verdecken, und es sieht am Strand einfach gut aus", erzählt eine Kundin begeistert. Größere Motive werden meistens in mehreren Sitzungen gestochen, denn mehrere Stunden Stechen hält selbst der hartgesottenste Kunde nicht aus. Zeiten ändern sich. Wer früher mit Tattoo gesehen wurde, galt meist als Sträfling oder Seemann. Heute betrachtet man ein Tattoo gelassener, denn "oft entschließen sich auch Eltern für ein Tattoo und kommen gemeinsam mit ihren Kindern", erklärt Dave lächelnd.

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