Volksfreund-Jubiläumstour: Fest in der Hand von Räubern und Gendarmen

Hillesheim · Jetzt ist es amtlich: Hillesheim ist das Zentrum des Verbrechens. 135 als Sträflinge, Ganoven, Detektive oder Polizisten verkleidete und singende Hillesheimer haben bei der Jubiläumstour des Trierischen Volksfreunds am Freitagabend den Erfolg bei der Stadtwette gesichert. Diesen Einsatz belohnt der TV mit 1350 Euro für einen guten Zweck.

Volksfreund-Jubiläumstour: Fest in der Hand von Räubern und Gendarmen
Foto: Klaus Kimmling

„Neeiin!“, sagt der vierjährige Jamie-Elias Mein aus Hillesheim auf die Frage, ob er sich beim Anblick dieser vielen Ganoven denn gar nicht fürchte. Schließlich sind ja genügend Polizisten da. Er hat Recht. Pünktlich zur Auflösung der Stadtwette strömen sie unter Fanfarenklängen heran auf den Graf-Mirbach-Platz, auf dem sich letztlich rund 700 Gäste einfinden. Es kommen Polizisten in Uniformen und langen Mänteln, Gendarmen, verdeckte Ermittler sowie Schutzleute mit Pickelhaube, aber auch Sträflinge, Bankräuber und allerlei weitere zwielichtige Gesellen.

Das Publikum johlt, die TV-Führungscrew ist sichtlich beeindruckt. Und singen kann das bunte Volk auch noch. Gleich mehrmals stimmt es das Lied vom „Hillesheimer Jung“ auf Platt an. So sagt TV-Geschäftsführerin Inga Scholz, nachdem Chefredakteurin Isabell Funk noch mal kurz überschlagen und bei den geforderten 135 Ganoven und Ermittlern zu zählen aufgehört hat: „Hillesheim hat die Wette gewonnen.“

Sie überreicht dem ersten Stadtbeigeordneten Klaus Blech, der Stadtbürgermeister Matthias Stein vertritt und nun mit Polizeimantel auf die Bühne kommt, einen Scheck über 1350 Euro, der für einen guten Zweck verwendet wird. Kurz zuvor ist er noch in zivil auf der Bühne. Er und weitere Verdächtige sind von den beiden TV-Redakteuren Stephan Sartoris und Alexander Houben ins Kreuzverhör genommen worden. Ihnen ist angelastet worden, aus der beschaulichen Stadt Hillesheim eine Krimihochburg gemacht zu haben. Und diese locken Jahr für Jahr mehr Freunde des Verbrechens an.

Angeklagt sind: allen voran Michael Preute alias Jacques Berndorf. Als Vater der Eifel-Krimis (mittlerweile 22 Stück; Gesamtauflage fünf Millionen Exemplare) sei er für das ganze Unheil verantwortlich. Zu seiner Verteidigung sagt er: „Ich fühle mich nicht schuldig, denn es konnte ja keiner ahnen, was das für Ausmaße annimmt." Richter Sartoris lässt sich überzeugen und verhängt nur eine Bewährungsstrafe. Anders bei Heinz-Peter Hoffmann, waschechter Hillesheimer und Organisator des Krimi-Festivals Tatort Eifel. Er wird für die nächsten Tage ins Exil verbannt. Nach Mallorca.

Manfred Schmitz, Geschäftsführer der Urlaubsregion Hillesheim, der die Idee mit den Krimiwanderwegen hatte und sich seither „nur“ ums Anlocken der kriminell gesinnten Gäste kümmert, wird freigesprochen. Doch alle sind sich einig: Beim Thema Krimi geht noch einiges in und für Hillesheim. Den kleinen Jamie kümmern die Räuberpistolen auf der Bühne sowie das verkleidete Volk davor wenig. Er schaut gebannt zum TV-Maskottchen Lucky, der Leseratte, die den kleinen Mann um einiges überragt. Aber die Berührungsängste sind auch hier nur von kurzer Dauer.

Extra

Geheimnisvolles: Auch Heike Bohn, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Hillesheim, hat sich auf die Stadtwette vorbereitet. Vor den Augen von TV-Chefredakteurin Isabell Funk zückt sie ein T-Shirt mit der Aufschrift „JVA Köln“. „Das durfte ich bei meinem letzten Aufenthalt mitnehmen“, sagt Bohn augenzwinkernd. Für welches Delikt sie hinter schwedischen Gardinen saß, will Bohn nicht bekanntgeben. „Das sage ich nicht!“

Historisches: Am Wettgewinn maßgeblich beteiligt ist Karl-Heinz Haubrichs (66), der 44 Jahre Polizist war. Der Hillesheimer hat mehrere Mitbürger mit Uniformen aus seinem großen Fundus ausgestattet. Er selbst erscheint in der Garderobe eines Verkehrspolizisten der „Motorisierten Gendarmerie“ – mit weißer Jacke und Lederhose. Solche, auch „Weiße Mäuse“ genannten, Ordnungshüter regelten in den 1950er und 1960er Jahre in Städten wie Trier den Verkehr.

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