Warnung aus dem Ohr

TRIER. (mst) Überwältigende Resonanz auf die TV -Telefonaktion zum Thema Tinnitus. Die Leser bestürmten unsere Experten regelrecht mit ihren Fragen. Und denen klingelten anschließend die Ohren, hatten die Telefone doch zwei Stunden lang nicht still gestanden.

Bis vor einigen Jahren wurden Patienten mit Ohrgeräuschen im Akutstadium meist stationär behandelt. Inzwischen werden die Infusionen nahezu ausschließlich ambulant verabreicht. Hat sich die stationäre Therapie als überflüssig erwiesen? "Die stationäre Therapie wird von den Kassen nur noch in absoluten Ausnahmefällen bezahlt", so Dr. Fritz-Peter Schwerdtfeger. Voraussetzung für einen Klinikaufenthalt von einigen Tagen ist, dass mit dem akuten Ohrgeräusch auch ein massiver Hörverlust festgestellt wird. Der stationäre Aufenthalt dient dann in erster Linie der Diagnostik. Von Medizinern wird der totale Umstieg auf die ambulante Therapie kritisch gesehen. Schließlich half es vielen Betroffenen oft schon, dass sie für ein paar Tage aus ihrem möglicherweise belastendenden Lebensumfeld herausgenommen wurden. Viele Tinnitus-Patienten fürchten, dass ihr Leiden nur der Vorbote zu einer noch weit schlimmeren Erkrankung ist. Sind diese Ängste berechtigt? Bislang konnte noch kein statistischer Zusammenhang zwischen Tinnitus und anderen organischen Erkrankungen festgestellt werden. "Insbesondere die Angst vieler Patienten, sie könnten aufgrund des Tinnitus einen Schlaganfall erleiden, ist unbegründet", sagt Dr. Detlef Steimers. Zudem muss jeder Tinnitusfall ganz individuell diagnostiziert und therapiert werden. Es gibt nicht die eine erfolgversprechende Therapie, weil es auch nicht die eine umfassende Ursache für dieses Krankheitsbild gibt. Bei vielen Patienten dreht sich alles um das Ohrgeräusch. Oft glauben die Betroffenen, dass sie ohne den Tinnitus die glücklichsten Menschen der Welt wären. Bekommen also vor allem glückliche Menschen Tinnitus? Das Ohrgeräusch ist ein Warnschuss. Unabhängig davon, was letzten Endes der entscheidende Auslöser des Tinnitus war, müssen die Betroffenen ihr Leben ändern. "Probleme und belastende Gefühle werden von den Betroffenen oft gar nicht mehr wahrgenommen", hat Hanne Kathke festgestellt. Dabei gibt es keinen Zweifel, dass belastendende Gedanken und Gefühle und damit auch die körperliche und seelische Daueranspannung, den Tinnitus aufrechterhalten oder gar noch fördern. Naturgemäß werden viele Tinnituspatienten besonders vor dem Schlaf von ihrem Ohrgeräusch geplagt. Wie lässt sich am besten gegen Schlafstörungen vorgehen? Dr. Friedemann Gerhards empfiehlt vor allem mentale Techniken. Die Betroffenen müssen lernen, sich mit anderen Dingen gedanklich zu beschäftigen und nicht andauernd auf das Ohrgeräusch zu achten. Wer auch dann nicht einschlafen kann, sollte aufstehen und etwas tun, beispielsweise ein Buch lesen. Auf keinen Fall sollte ein Patient, der nicht einschläft, grübelnd im Bett liegen bleiben.

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