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TRIER. Die Halbjahreszeugnisse sind verteilt und konfrontieren viele Schüler und ihre Eltern mit einer bitteren Wahrheit: Der Leistungsstand der Kinder entspricht nicht den Erwartungen. Experten raten, einen kühlen Kopf zu bewahren, denn es gibt Lösungswege.

Nach Ausgabe der Halbjahreszeugnisse steigt der Beratungsbedarf beim schulpsychologischen Dienst in Trier sprunghaft an. "Eltern sind mit den Noten nicht zufrieden, hoffen aber, dass man bis zum Sommer noch etwas retten kann, was durchaus möglich ist", sagt Diplom-Psychologin Anette Müller-Bungert, selbst Mutter dreier schulpflichtiger Kinder. Sie empfiehlt, trotz manchmal verständlicher Panik, gelassen zu reagieren. "Das Zeugnis ist kein Urteil über einen Menschen. Die Realität sieht aber so aus, dass man mit mittelmäßigen Noten weder die gewünschte Schullaufbahn einschlagen kann, noch eine Lehrstelle bekommt". Zuerst sollten Eltern ihr Kind zur Selbstreflexion anregen, statt die eigene Reaktion in den Vordergrund zu stellen, rät Müller-Bungert: "Fragen Sie: Was sind Deine Gedanken dazu, was waren Deine Vorstellungen, womit bist Du zufrieden, was ist nicht gelungen? Das Kind soll selbst sagen: Das nehme ich mir vor.""Eltern müssen Orientierungshilfe leisten"

Wichtig sei, gemeinsam zu überlegen, ob der Inhalt des Zeugnisses zu den eigenen Wünschen und Zielen passe. Oft fehle den Schülern ein Bewusstsein für die Auswirkung ihrer Leistungen auf einen späteren Schulwechsel oder -abschluss. "Hier müssen die Eltern Orientierungshilfe leisten und ihren Kindern schon ganz früh Perspektiven aufzeigen, damit sich ein Zielbewusstsein entwickeln kann", sagt Müller-Bungert. "Zum Beispiel: Für einen Bankberuf brauchst Du Abitur und gute Noten in Deutsch und Mathematik." Nach Empfehlung von Berufsberatern solle der "Zielsetzungsprozess" mindestens zwei Jahre vor dem Schulabschluss einsetzen. Klaffen Zeugnisrealität und Wünsche auseinander, rät Müller-Bungert zu folgendem Vorgehen: Erreichbare Ziele stecken. Nicht in dem Sinn: Das nächste Zeugnis soll besser werden, sondern: Die Fünf in Mathe soll eine Vier werden.Konkrete Schritte zur Umsetzung überlegen. Zum Beispiel bessere mündliche Mitarbeit im Unterricht.In der Familie beraten, wer wobei unterstützen kann.Lernzeit als "Ritual" einführen, an dem die ganze Familie teilhat: Jeden Abend zu einer festgesetzten Zeit schauen die Kinder in ihre Schulsachen, Vater und Mutter in Arbeitspapiere oder ähnliches.Durch Lob anspornen und Selbstbewusstsein aufbauen.In manchen Fällen kann auch professionelle Nachhilfe nötig sein. Denn zwischen Eltern und Kindern fehlt die nötige Distanz. Viele Schüler profitieren von Lerngruppen, in denen sie ihre Erfahrungen miteinander teilen können. Andere bevorzugen Einzelunterricht durch ältere Schüler, da diese noch nah am zu vermittelnden Stoff und der eigenen Altersgruppe sind. Generell engen Kontakt zu Klassenlehrern halten. Zu ihnen sollte auch der erste Weg nach einem unbefriedigenden Zeugnis führen. Je enger der Kontakt, desto besser sind in der Regel die Lernerfolge.Wenn keine Lösung gefunden werden kann oder die Ursache des Leistungsversagens unklar ist, bietet sich der schulpsychologische Dienst als Anlaufstelle für Ratsuchende an. "Es ist besser, zu früh zu kommen, als zu warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist", sagt Psychologin Müller-Bungert. Wird als Grund für schlechte Noten ein familiärer Konflikt vermutet, sollte allerdings eher eine Lebensberatungsstelle aufgesucht werden.ph/r.n.

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