Augenzeugen zweifeln an US-Bericht zum Flugzeugabsturz in Laufeld

Laufeld · Menschliches Versagen soll die Ursache für den Absturz eines US-Kampfjets bei Laufeld im April 2011 gewesen sein. So das Untersuchungsergebnis der Air Force. Augenzeugen bezweifeln dies. Ihren Aussagen zufolge hatte der Kampfjet Triebwerksprobleme.

"Das glaubt in Laufeld kein Mensch." Die sei niemals durch einen Pilotenfehler abgestürzt. "Die Maschine war kaputt!", sagt Werner Ambrosius energisch. Es war sein Grundstück, auf dem am 1. April 2011 ein amerikanisches Kampfflugzeug vom Typ A-10 explodierte. Wie durch ein Wunder war der amerikanische Pilot der Einzige, der bei diesem Unglück, das sich nur wenige Hundert Meter von Laufeld entfernt ereignete, verletzt wurde. Er arbeitet inzwischen in einem kalifornischen Stützpunkt - wohin er laut Luftwaffe im Rahmen des normalen Zeitplans versetzt wurde.

Ambrosius zweifelt daran, dass der Abschlussbericht zum Unfallhergang, den die US Air Force kürzlich veröffentlichte, die Wahrheit widerspiegelt. Diesem Bericht zufolge war menschliches Versagen die Ursache des Unglücks (siehe Extra). Der Grund, warum Ambrosius diese Geschichte nicht glaubt, ist, dass bereits weit außerhalb des Ortes Flugzeugteile gefunden worden seien. "Das war genau die Einflugschneise", sagt der Laufelder.

Kerstin Kroeffges-Hahn aus Wallscheid fühlt sich aus einem anderen Grund von den Amerikanern "für dumm verkauft": Sie hat den Absturz während eines Spaziergangs beobachtet. Auf einer Anhöhe etwa zwei Kilometer von der Absturzstelle entfernt habe ihre kleine Tochter plötzlich Angst vor den Geräuschen eines noch nicht zu sehenden Flugzeugs bekommen. "Erst da bemerkte auch ich die ungewöhnlichen Geräusche der Triebwerke. Ganz eindeutig waren Aussetzer zu hören. Die Maschine hatte definitiv Schwierigkeiten", sagt die 36-Jährige, für die der Anblick und die Geräusche der Spangdahlemer Kampfjets nach eigenem Bekunden zum Alltag gehören.

"Dann tauchte das Flugzeug riesengroß und schwarz aus den Wolken auf. Viel zu tief!", erinnert sie sich. Sie habe panische Angst gehabt. Denn sie wusste, der Pilot würde seine Maschine nicht bis nach Spangdahlem retten können und sie womöglich kontrolliert abstürzen lassen. Doch die A10 flog laut Kroeffges-Hahn weiter, sehr schnell an Höhe verlierend, beschrieb einen kleinen Bogen, die Triebwerke heulten auf, die "Nase" des Fliegers kippte, und dann stürzte er senkrecht nach unten. "Es gab eine heftige Explosion, einen Feuerball und eine Rauchsäule, die sicher 200 Meter in den Himmel ragte."

Da die Zeugin keinen Fallschirm gesehen hatte, fürchtete sie um das Leben des Piloten. Und kurz darauf auch um das Hunderter anderer Menschen. Denn ihr ging auf, dass der Jet in unmittelbarer Nähe von Laufeld abgestürzt sein musste. Sie wählte den Notruf. Zur gleichen Zeit saß der Laufelder Versicherungsmakler Thorsten Kotowski in seinem Büro und blickte alarmiert aus dem Fenster. "Die ist hier direkt vorbeigeflogen. Mit brennenden Triebwerken", sagt er. Wie Ambrosius und Kroeffges-Hahn ärgert er sich über den US-Bericht. "Unglaublich, wie man für dumm verkauft wird", sagt er.

Die US-Luftwaffe bleibt bei ihrer Version, nachdem der TV sie mit den Zeugenaussagen konfrontiert. Die Maschine habe keine technischen Probleme gehabt. Der Untersuchungsausschuss habe alle Instandhaltungsvorgänge geprüft und das Flugwerk untersucht. Dabei seien die Experten zu dem Schluss gekommen, dass die Flugkontrollgeräte funktionierten und alle mechanischen Bauteile gesichert waren. "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Instandhaltungs-Abläufe für den Absturz von Bedeutung waren", schreibt US-Major Rickardo Bodden - obwohl er überhaupt nicht nach Instandhaltungs-Abläufen gefragt worden war.

"Ich glaube nicht daran, dass wir die tatsächliche Ursache noch erfahren werden", sagt Kerstin Kroeffges-Hahn. Doch ihr sei es wichtig, dass die Verantwortlichen registrieren, dass "wir kritisch hinterfragen, was uns aufgetischt wird".

Extra
Der Bericht
Dem US-Bericht zufolge geschah am 1. April 2011 Folgendes: Der Pilot war bei schlechtem Wetter in einem Formationsflug unterwegs. Obwohl er nach Instrumentenflugverfahren flog, verlor er in den Wolken die Orientierung. Das Flugzeug vor ihm geriet außer Sicht, und als er die Wolkendecke durchbrach, stellte der Pilot (zu spät) fest, dass sein Flugzeug zu steil in Richtung Boden geneigt war. Er versuchte noch, den Jet unter Kontrolle zu bringen, merkte dann, dass er sich dem Boden näherte, und aktivierte - nur wenige Sekunden vor dem Aufprall - den Schleudersitz. In dem Bericht heißt es auch, der Mann sei seit einem Jahr nicht mehr in Wolken geflogen.

Der Air Force entstand durch den Verlust des komplett zerstörten Kampfflugzeugs ein Schaden von rund 16 Millionen Euro. Die Kosten für die Reinigung der Unfallstelle waren mit etwa 100.000 Euro beziffert worden. kah

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort