BEHINDERTENSPORT: "Projekt-Manager" zwischen Garmisch und Shanghai
KIRCHWEILER. Als Vizepräsident der deutschen "Special Olympics"-Bewegung arbeitet der Eifeler Erwin Görgen an exponierter Stelle daran mit, den (Wettkampf)-Sport bei Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung stärker zu etablieren.
Nicht wenige Rentner und Pensionäre sprechen vom "Un-Ruhestand", wenn sie die erste Zeit nach dem Job charakterisieren sollen. Einer von ihnen ist Erwin Görgen (65) aus Kirchweiler (Kreis Daun) - "Vater" und Ex-Chef der Westeifel-Werke (WEW), einer der größten Behinderteneinrichtungen in Rheinland-Pfalz. Er kann sich derzeit über fehlende Arbeit nicht beschweren. "Ich bin seit Ende 2004 in Ruhestand. Aber meine Frau sagt, es hat sich wenig geändert." Durch die Wahl zum Ersten Vizepräsidenten von "Special Olympics Deutschland" ist seine Arbeit für die Sportbewegung für geistig und mehrfach behinderte Menschen weiter intensiviert worden. Görgens breites Aufgaben-Gebiet als Präsidiumsmitglied lässt sich vielleicht am ehesten mit "Projekt-Manager" umschreiben. "Meine Kernaufgabe ist die Weiterentwicklung von ,Special Olympics' in Deutschland." Dabei hat er immer eine Zielmarke vor Augen: "Bis Ende 2007 wollen wir in Deutschland rund 50 000 geistig Behinderte Athleten in die ,Special-Olympics-Bewegung' einbinden. Derzeit gibt es rund 20 000." Mehr Menschen mit kognitiver Behinderung für den Sport zu gewinnen, lautet das Ziel. Sport als Mittel für eine bessere körperliche Fitness, als Anreiz zu permanentem Training und als Chance verbesserter Integration. Görgen rührt vor Ort die Werbetrommel und hat Kontakte zu knüpfen. Gab es bis vor einigen Monaten lediglich einen Bundesverband, sind seitdem in acht Bundesländern Landesverbände entstanden. Doch das reiche laut Görgen nicht: "Nun gilt es, auch in den anderen Ländern Verbände zu gründen und darunter Ortsverbände ins Leben zu rufen." Schwierig wird das allemal. Görgen: "Es ist nicht einfach, ehrenamtliche Trainer für diese Arbeit zu finden." Zum Wochenprogramm des 65-Jährigen gehört nicht nur Schreibtisch-Arbeit, sondern auch das Reisen. Dabei wird Görgen im März auch in einer anderen Angelegenheit Werbung machen. Mit China ist Deutschland im Rennen um die Ausrichtung der Welt-Winterspiele 2009. Die Präsentationen für den internationalen "Special-Olympics"-Verband stehen an. "Zu den Winterspielen kommen bis zu 7000 Athleten. Als Austragungsort ins Auge gefasst ist Garmisch-Partenkirchen, wo wir im vergangenen Jahr die nationalen Winterspiele ausgerichtet haben", sagt Görgen. Die Zeit für die Bewerbung drängt, Görgen sitzt zuweilen schon morgens um 7 Uhr über seinen Unterlagen: Welche Sportarten können in Garmisch ausgerichtet werden? Wo können die Sportler und Betreuer untergebracht werden? Wie viele Helfer werden gebraucht? Und ganz wichtig: Welche Möglichkeiten des Sponsorings gibt es? Görgen: "Die Ausrichtung der Winterspiele kostet etwa 20 bis 25 Millionen Euro. Wir bekommen zwar eine Basisunterstützung vom internationalen Verband, aber ohne weitere Förderer geht es nicht." Der Ex-Chef der WEW, nach eigener Einschätzung "stets Optimist", denkt, dass Deutschland gute Chancen auf die Spiele hat. Als Eifeler, dem die Region am Herzen liegt, sieht er seine Aufgabe auch darin, möglichst viele heimische Sportler zur Teilnahme an internationalen Wettbewerben zu bewegen. "Demnächst gibt es die Ausschreibung für die Welt-Sommerspiele in Shanghai. An ihnen dürfen 86 Deutsche teilnehmen. Zur Qualifikation müssen sie an regionalen und nationalen Wettbewerben teilgenommen haben. Für diese Teilnahme werde ich bei uns werben."Werben in Wohnheimen
Görgen beschäftigt sich viel mit Zukunftsfragen. Dazu dienen auch die Gespräche mit Karl-Heinz Thommes, Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landesverbands: "Wir sinnieren über viele Ideen. Wir überlegen, an welche Sportarten wir uns noch heranwagen können - und welche Einrichtungen wir noch ansprechen müssen." Görgen schweben dabei vor allem Wohnheime vor. Seine Prognose: "Der Wohnheimsport muss sich weiterentwickeln."